Hörspiel des Monats August 2013
Das Haus meines Vaters hat viele Zimmer
Von Arno Geiger
Regie: Leonhard Koppelmann
Dramaturgie: Andrea Oetzmann
Produktion: SWR 2013
Ursendung: SWR 2, 11.08.2013
Länge: 80:51
Begründung der Jury
Das Hörspiel „Das Haus meines Vaters hat viele Zimmer“ von Arno Geiger überzeugt zunächst durch seine fantasievolle Beobachtung einer Alltagssituation: Eine Frau von Anfang der Vierzig reflektiert ihr Leben, die Bilanz fällt melancholisch bis deprimierend aus, dabei ist scheinbar alles gut. Lilli hat Mann und Kind, die Verhältnisse sind geordnet. Doch bald schon wird eine tiefe Unzufriedenheit deutlich angesichts der eigenen Durchschnittlichkeit. Hinzu kommt: Max, der Ehemann, ist in ihren Augen ein Langweiler, Lilli fühlt sich missverstanden und unter Wert verkauft in dieser Beziehung. Max hingegen lebt sein eigenes Leben – nicht nur im Garten, seinem Fluchtort. Er betrügt Lilli und hat kein schlechtes Gewissen dabei. Alexandra, Lillis jüngere Schwester, die von ihrem Mann verlassen wurde, lebt im Haus der beiden, hadert mit ihrem Schicksal und wird als Projektionsfläche für Lillis Lebensphilosophie benutzt, die ihr selber doch keinen Weg aus der eigenen Krise weisen kann.
Bemerkenswert subtil wird hier vom gewöhnlichen Scheitern einer bürgerlichen Familie erzählt. Gleichsam aus dem Nichts erwachsen die Katastrophen. An Unsicherheit und fehlender Distanz droht Lillis Anspruch auf Würde zu scheitern – und gewinnt, eben aus dieser großen Not, doch wieder eine Chance. Ein starkes, unaufgeregtes, nicht humorfreies Stück über die Suche nach dem Glück. Und getragen nicht zuletzt (wenn auch nicht allein) von der wunderbaren Martina Gedeck, die der Hauptfigur eine große, tief berührende Menschlichkeit verleiht.
Eine lobende Erwähnung vergibt die Jury an die WDR-Produktion „Manchmal sind Pilze einfach nur Pilze“ von Carey Harrison, die ein großes intellektuelles Vergnügen bereitet.
> Ausschnitt Arno Geiger: Das Haus meines Vaters hat viele Zimmer
Das Hörspiel wird am Samstag, den 2. November 2013 um 20.05 Uhr im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.
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