ARD Hörspieltage 2014 – Die Gewinner

Am 8. November 2014 wurde der mit 5.000 Euro dotierte Deutsche Hörspielpreis der ARD 2014 im Meidentheater des Karlruher Zentrums für Kunst und Medeintechnologie (ZKM) an Helgard Haug und Daniel Wetzel übergeben. Ausgezeichnet wurde ihr Hörspiel:

Qualitätskontrolle oder warum ich die Räusper-Taste nicht drücken werde!
von Helgard Haug und Daniel Wetzel (Rimini Protokoll)
Regie: die Autoren
Komposition:Barbara Morgenstern
Mit: Maria-Cristina Hallwachs, Timea Mihály, Admir Dzinic, Eike Hallwachs, Claudine Hallwachs, Detlef Glätzer
Produktion: WDR 18.03.2014, 53:37

Helgard Haug, Daniel Wetzel. Deutscher Hörspielpreis der ARD(c) SWR Peter A. Schmidt

Helgard Haug, Daniel Wetzel. Bild: SWR, Peter A. Schmidt</font size=-1>

Die Begründung der Jury:

Eine junge Frau, Maria-Cristina Hallwachs aus Stuttgart, fährt – es ist die Belohnung für das bestandene Abitur – mit ihren Eltern in den Urlaub nach Kreta. Sie verunglückt schwerstmöglich, das Genick bricht, aber sie überlebt. Am Leben erhalten sie seither ihre Familie, Pflegekräfte, die sich rund um die Uhr abwechseln, die medizinische Technik – und ihre eigene Lebensenergie. Nun, gut zwanzig Jahre nach dem Unfall, erzählt sie ihre Geschichte. Das Hörspiel, das dabei entstand, heißt „Qualitätskontrolle oder Warum ich die Räusper-Taste nicht drücken werde!“, eine Produktion des WDR. Es hat drei Autoren: Maria-Cristina selbst sowie Helgard Haug und Daniel Wetzel, beide Mitglieder der Gruppe Rimini Protokoll, die ihrer innovativen Theater-, Performance- und Hörspielrealisationen wegen berühmt wurde. Das neue Stück ist ein Triumph der Sprache. Maria-Cristina kann sprechen, weil der Zwerchfellstimulator und die Lungenmaschine es ermöglichen und weil sie es will. Und weil es ein Triumph der Sprache ist, ist es auch einer des Radios. „Qualitätskontrolle“ erzählt vom Nie-allein-sein-Können, von Versehrtheit, Verzweiflung, Not, emphatisch auch vom ethischen Dilemma der modernen Medizin – und wird darüber zu einer großen Eloge auf das Wagnis der Existenz. Eine durch ihre Lakonie beeindruckende Dokumentation und artistisch wie technisch brillante Inszenierung finden zu einer Synthese, die uns ergreift und beglückt.

 

Eine lobende Erwähnung sprach die Jury Christine Nagel für ihre RBB-Produktion „Nach dem Verschwinden. Ein fiktiver Dialog mit Ilse Aichinger“ mit der Musik von Peter Ehwald und in der Regie der Autorin aus.

Auf dem dritten Platz landete Dirk Brauns’ Hörspiel „Im Innern des Landes“ (MDR) in der Regie von Stefan Kanis.

Die Jury:
Jochen Hieber – FAZ-Feuilleton-Redakteur (Vorsitz), Martina Gedeck – Schauspielerin, Bettina Reitz – Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks, Jan Linders – Schauspieldirektor des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, Frank Olbert – stellv. Leiter der Kulturredaktion beim Kölner Stadt-Anzeiger.

ARD Online Award

Der im Netz per Online-Voting ermittelte und mit 2.500 Euro dotierte Publikumspreis ging an das Hörspiel:

Bettina Erasmy. Bild: © SWR/Peter A. Schmidt

Bettina Erasmy. Bild: SWR, Peter A. Schmidt</font size=-2>

Chapters
von Bettina Erasmy
Regie: Silke Hildebrandt
Mit: Julia Riedler; Stefan Kaminski, Hanns Jörg Krumpholz, Oliver Kraushaar, Anna Böger, Paula Hans
Produktion: HR 16.07.2014, 45:42

 

ARD PiNBall

Mariola Brillowska. Bild: ©SWR/Peter A. Schmidt

Mariola Brillowska. Bild: SWR, Peter A. Schmidt</font size=-2>

 

Kaufhaus am Meer
von Mariela Brillowska
Musik: Bela Brillowska
Regie: die Autorin
Mit: Felix Kubin, Bela Brillowska, Gloria Brillowska, Mariola Brillowska,
Autorenproduktin 2014, 8:03

 

Die Begründung der Jury:

Melodramatische Klavierklänge, dazu die sehnsuchtsvolle Geräuschkulisse von Möwen am Meer – für einen Augenblick könnte man meinen, es handle sich um den Beginn einer romantischen Liebesgeschichte. Doch das Kurzhörspiel „Kaufhaus am Meer“ führt diese anfängliche Szenerie binnen Sekunden ad Absurdum: zwei Stammkundinnen möchten ihren letzten Kauf umtauschen, obwohl sie offensichtlich nicht einmal wissen, was sie da in der Tüte haben. Mal sind es Sandalen, mal Stilettos, „Zimtlatschen“ oder Schlittschuhe, mal möchten sie von der Praktikantin namens Praktigotta „170 Yuro“ in Cash dafür, mal halten sie nach neuen Schuhen Ausschau, etwa den modischen Korkenzieher-Pantoletten, die ihnen der Geschäftsführer höchstpersönlich „andreht“, wobei dieses Andrehen wiederum wortwörtlich verstanden wird und dementsprechend heftige Schmerzensschreie der Kundin nach sich zieht.
Man merkt schnell: Diese wilden Sprünge folgen keinem vorgegebenem Script, vielmehr wirken sie wie das Ergebnis spontaner Kollektivimprovisationen, in denen offenbar alles behauptet werden darf und nichts belegt werden muss. Dennoch nehmen die Akteure das Spiel der Worte und Assoziationen ernst. Sie kreieren nicht nur originelle Bilder und Phantasiebegriffe, vielmehr führen sie die uns scheinbar so vertraute Sprache selbst als etwas Absurd-Komisches vor – und lassen die Zuhörer an diesem Prozess teilhaben: so scheint es fast, als könne man den Akteuren am Mikrofon dabei zusehen, wie sie sprachliche Haken schlagen und sich gegenseitig mit abstrusen Einfällen übertrumpfen. Unbeeindruckt von gängigen Konventionen des Hörspiels etabliert „Kaufhaus am Meer“ dabei eine eigene originäre Formensprache und erinnert, ganz unprätentiös, daran, wie essentiell das Spiel für die Gattung Hör-Spiel doch ist.

Die Jury:
Norbert Lang (BR), Barbara Gerland (DKultur), Jan Buck (HR), Steffen Moratz (MDR), Henning Rademacher (NDR), Holger Rink (RB), Juliane Schmidt (RBB), Pia Frede (SR), Katrin Zipse (SWR), Christina Hänsel (WDR), Frank Halbig (HfG), Ludger Brümmer (ZKM).

 

Deutscher Kinderhörspielpreis

Peter Jacobi. Bild: ©SWR/Peter A. Schmidt

Peter Jacobi. Bild: SWR, Peter A. Schmidt</font size=-2>

Tyrannosaurus Max
von Peter Jacobi
Komposition: Lutz Glandien
Regie: Judith Lorentz
Mit: Fae Faika, Cathlen Gawlich, Christoph Gawenda, Leo Knizka, Ursula Werner, Stephanie Amarell, Bernd Stempel, Thorsten Merten, Ulrich Noethen
Produktion: DKultur 09.03.14, 52:31

Die Begründung der Jury:

Lauras kleiner Bruder ist eine Nervensäge. Mit seinem Geschrei und dem ewigen Quengeln treibt er alle in den Wahnsinn, die Eltern, den Kindergarten, und natürlich auch Laura. Das Kind als Tyrann, und das auch noch in einem Kinderhörspiel: Peter Jacobi geht durchaus kontrovers vor in seinem Stück, das in aller Deutlichkeit Geschwister- und andere Konflikte zu Sprache bringt. Nur die Eltern wollen es nicht wahrhaben, dass statt Max eines Morgens ein Tyrannosaurus am Frühstückstisch sitzt, frei nach dem Motto: Es steht ein Elefant im Raum, aber niemand spricht darüber. Natürlich verschärft das die Lage nur. Mit genauem Blick schildert Jacobi moderne Familienverhältnisse zwischen Doppelverdienst und Kinderbetreuung, ohne auf Fantastik zu verzichten: Die Verwandlung eines kleinen Jungen in ein Monster – das funktioniert so nur im Medium Hörspiel, das in diesem Fall auch noch ein Originalhörspiel, also ein eigens fürs Radio geschriebenes Stück, und nicht etwa eine Buchbearbeitung ist. Judith Lorentz hat es sorgfältig, mit viel Sinn für die Beziehungsnuancen innerhalb der Familie und den ‚Monstersound‘ des Jungen umgesetzt, Lutz Glandien steuert exklusive Kompositionen bei, so dass ‚Tyrannosaurus Max‘ auch akustisch höchsten Ansprüchen genügt.

Über die Vergabe des mit 5.000 Euro dotierten Preises entschieden in diesem Jahr der stellvertretende Feuilletonchef beim Kölner Stadt-Anzeiger Frank Olbert (Juryvorsitz), die Dramaturgin und Autorin Kerstin Behrens, die Journalistin Eva-Maria Lenz>, die Produzentin und Autorin Karin Lorenz sowie der Autor und Musiker Torsten Krug.

 

Kinderhörspielpreis der Stadt Karlsruhe

Monika Bushey. Bild: © SWR/Peter A. Schmidt

Susanne Asche, Kulturamt Karlsruhe; Monika Buschey, Autorin. Bild: SWR, Peter A. Schmidt

 

Der silberne  Klang
Von Monika Buschey
Komposition: Jochen Scheffter
Regie: Thomas Leutzbach
Mit: Maxime Brühl, Denis Moschitto, Lisa Jopt, Hüseyin Michael Cirpici, Thyra Bonnichsen, Svenja Wasser, Frauke Poolman, u.v.a.
Produktion: WDR 2014, 05. + 12.09.2014, 75:24

 

Aus der Begründung der Jury:

An seinem 11. Geburtstag macht Leo eine Entdeckung: Er verirrt sich in den Orchestergraben der Oper. Dort lernt er die Flöte kennen. Die Flöte fordert ihn auf, einen hohen Ton zu spielen. Auf silbernem Klang segelt Leo in eine andere Welt: Der Rattenfänger von Hameln ist gerade dabei, die Kinder einzufangen. So süß klingt sein Flötenspiel, dass keiner ihm widersteht. Leo kann seine Freundin Resie gerade noch davor bewahren, vom grollenden Berg verschlungen zu werden.

Die Jury des mit 2000 Euro dotierten Preises war die Klasse 4t der Südendschule in Karlsruhe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.