Die rote Tür – Ein heiteres Doomscrolling-Hörspiel jenseits der Linearität des Radios
Am Sonntag, den 23.10.2022 hat am 18.30 Uhr bei Deutschlandfunk Kultur das neue Stück Premiere, das ich zusammen mit Frieder Butzmann gemacht habe. Es ist eine Sendung, die aufgezeichnet nie mehr so spannend sein wird, wie live im linearen Radio. Warum? Siehe unten.
Die rote Tür – Ein heiteres Doomscrolling-Hörspiel jenseits der Linearität des Radios |
Jochen Meißner: Die rote Tür – Trailer
Wie man an den Abrufzahlen der Audiotheken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den Streamingdiensten ablesen kann, hat das Hörspiel seinen schon oft prognostizierten Tod prächtig überlebt. Nun aber wird dem Radio selbst das Totenglöckchen geläutet und die Frage ob und in welcher Form es überleben wird, ist noch offen. Allzu oft kann man meinen, dass Rafael Jovés dystopische Satire auf das formatierte Kulturradio „Das Radio ist nicht Sibirien“ (Bauhaus Universität 2011) immer noch als Gebrauchsanweisung gelesen wird. „Die rote Tür“ ist deswegen zugleich Abgesang und Feier des linearen Radios (wie es sein könnte).
Ingo Kottkamps Hörspieltipp: Die rote Tür von Jochen Meissner
Insgesamt neun Fäden durchziehen das Stück und verweben oder verknoten sich. Dazwischen befinden sich Löcher, die zufallsautomatisch mit Programmen anderer Sender gefüllt werden. So nimmt das Stück bei jeder neuen Ausstrahlung neue Realitätspartikel auf. Jede Wiederholung oder Übernahme (so es welche geben sollte) wird also eine andere nicht vorhersehbare sein. Unter post-medialen Bedingungen eröffnet das „Switchen“ als kulturelle Technik „einen Raum, der sich nicht bauen, sondern nur aufführen lässt“ (Eran Schaerf).
Als Karel Gott 1969 zur Melodie von „Paint It, Black“ der Rolling Stones die rote Tür schwarz strich, war das zwar nicht die erste deutschsprachige Coverversion eines Popsongs, aber eine die sich aufgrund ihrer unbeabsichtigten Subversivität bis heute großer Beliebtheit erfreut. Und in jeder Coverversion eines Hits hört man die Spannung zwischen Original und Interpretation mit. Diese Spannung zwischen verschiedenen Erwartungshorizonten erstreckt sich mittlerweile auch auf die Mediennutzung selbst – jeder bastelt sich seine eigene Coverversion der Realität. Doch man muss die rote Tür nicht unbedingt anmalen, damit hinter ihr der schwarze Schlund der Dystopie zum Vorschein kommt. Man kann die Erzählungen von den medialen Apokalypsen auch mittels des feingeschliffenen Instrumentariums des Medienkünstlers und Hörspielmachers Eran Schaerf analysieren.
Am Dienstag nach der Ursendung steht das Stück in einer um zwanzig Minuten erweiterten Version als Director’s Cut zur Verfügung.
Frieder Butzmann und Jochen Meißner wünschen gute Unterhaltung!
Faden 1: Drähte
Faden 2: Äther
Faden 3: Lüfte
Faden 4: Kontrafakturen I
Faden 5: Fangesänge
Faden 6: Hauntology
Faden 7: Kontrafakturen II
Faden 8: Wirklichkeitsverschiebungen
Faden 9: Linearitäten
Update: Leider hat uns das Justiziariat des Senders dem Konzept unseres 89-minütiges heiteres Doomscrolling-Hörspiel jenseits der Linearität des Radios in letzter Minute einen Strich durch die Rechnung gemacht, so dass in den fünf eingebauten Lücken im Stück nicht von der Seite des Senders umgeschaltet wurde, sondern die Hörer das selbst tun müssen. Das gilt auch für die Fassung in der Audiothek. Für den kompletten Genuss des Stückes benötigt(e) man also entweder mehrere offene Tabs im Browser (am besten sechs) oder zwei Rundfunkempfangsgeräte oder bei einem Gerät flinke Finger für den Suchknopf, sollte der noch nicht „wegtechnologisiert“ sein. Die Sender, die für die Ursendung zufällig ermittelt worden waren, waren: Lücke 1: rbb 88.8, Lücke 2: lulu.fm, Lücke 3: FluxFM Berlin, Lücke 4: JazzRadio, Lücke 5: 105’5 Spreeradio. Die Anweisungen zum Umschalten wurden während der Sendung von der Sprecherin vom Dienst Birgitt Dölling live eingesprochen.
Bei Übernahmen durch andere Landesrundfunkanstalten, werden neue Sender zufällig ermittelt und bestensfalls automatisch eingespielt.
Das Stück wurde gefördert durch die Akademie der Künste, Berlin aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR.
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