Preisverleihung Hörspiel des Jahres an „Dshan“ von Lothar Trolle
Einladung zur öffentlichen Vorführung und Preisverleihung
Hörspiel des Jahres 2015
27. Februar 2016 / 19.30 Uhr
Literaturhaus Frankfurt am Main
Moderation: Christoph Buggert
Eintritt frei
DSHAN
Von Lothar Trolle nach Motiven des Romans von Andrej Platonow in der Übersetzung von Alfred Frank
Komposition: Pierre Oser
Regie: Walter Adler
Dramaturgie: Andrea Oetzmann
Produktion: SWR
Ursendung: 20.09.2015
Länge: 76‘53‘‘
Im Zentrum des Hörspiels steht der junge Ingenieur Nasar Tschagatajew, der den Auftrag übernommen hat, ein kleines Wüstenvolk zu retten, das sich „Dshan“ – „Seele“ – nennt und dem er selbst entstammt. Er soll es aus der Ustjurt-Steppe heim in den Schoß der Sowjetmacht führen. Florian Lukas spielt den heimkehrenden Fremden Nasar zwischen Mitgefühl und Distanz, Gloria Endres de Oliveira ist das lebenshungrige Mädchen Aidym. Als empathischer Erzähler führt Hans-Michael Rehberg durch das Hörspiel.
Der Berliner Dramatiker Lothar Trolle schrieb Anfang der Nullerjahre den Theatertext „Dshan“ nach Motiven aus Andrej Platonows gleichnamiger, 1935 entstandener Novelle. 2015 hat er ihn gemeinsam mit dem Regisseur Walter Adler für die Hörspiel-Redaktion des SWR überarbeitet. In Trolles Hörspiel verschmelzen Hölle und Paradies, Utopie und Leid, minutiöse Dokumentation und archaischer Mythos zu einer sprachgewaltigen Erzählung über ein nomadisierendes Wüstenvolk zwischen Leben und Tod. Walter Adler hat „Dshan“ mit der Komposition von Pierre Oser und einem großen Ensemble als ununterbrochenen, vielstimmigen Erzählstrom inszeniert.
Begründung der Jury (zum Hörspiel des Monats September 2015)
„Ich habe für mich mal formuliert, dass jedes Stück einen Beitrag zur Entwicklung der deutschen Sprache leisten müsste, sonst ist es unwichtig“, so Lothar Trolle in einem Interview für Theater der Zeit von 2009. Das ist ihm zweifellos in dem Stück „Dshan“ gelungen: sprachgenau, präzise in den Metaphern, stark in unverbrauchten Bildern entwickelt Trolle aus dem mystischen Stoff der gleichnamigen Novelle von Andrej Platonow einen wortgewaltigen Erzählstrom. In dessen Mittelpunkt steht der junge Ingenieur Nasar: er hat den Auftrag übernommen, das zersprengte dem Tod geweihte Wüstenvolk „Dshan“ nach Hause zurück zu führen.
Dem Inhalt angemessen und meisterhaft im Handwerk haben Walter Adler und sein Studioteam die literarische Vorlage für den Funk eingerichtet und umgesetzt. Die Unerschütterlichkeit, mit der Hans Michael Rehberg als Erzähler eine scheinbar erratische Geschichte präsentiert, die hochkarätige Besetzung aller weiteren Stimmen, der pausenlose, präzise Schnitt, der schnelle atemlose Wechsel zwischen den verschiedenen Stimmen, Erzählebenen und Hörbildern, die sparsamen aber bedacht eingesetzten Gesangseinlagen – besser hätte man die surreal-düsteren Bilder und die Leiden des heimatlosen, getriebenen Nomadenstamms nicht umsetzen können. Ein an die Schmerzgrenze reichender akustischer Marathon, der die eigentlich in einer früheren Welt angesiedelte Handlung angesichts der momentanen Bilder von Flüchtlingsströmen und Armutsmigration seltsam aktuell erscheinen lässt.
Das Programm:
Bericht der Jury über die Hörspielereignisse 2015 sowie Verlesen der Begründung für die Wahl zum Hörspiel des Jahres. Präsentation des preisgekrönten Hörspiels. Preisverleihung. Gespräch mit Preisträgern, Hörspielmachern.
Die Jury 2015
- Prof. Nathalie Singer (Professorin für Experimentelles Radio an der Bauhaus Universität Weimar, Autorin, Komponistin und Regisseurin)
- Oliver Bukowski (Autor für Bühne, Hörfunk und Film, Dozent am Drama-Forum Graz „uniT“ und an der Akademie für Darstellende Kunst Baden Württemberg)
- Hermann Beil (Dramaturg, Regisseur und Rezitator, seit 2009 Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste)
Gastgebender Sender 2015: Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB).
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