Preisverleihung „Hörspiel des Jahres 2019“ in Frankfurt
Am Samstag, den 22. Februar 2020 wird um 19.30 Uhr im Frankfurter Literaturhaus (Schöne Aussicht 2, 60311 Frankfurt am Main) das Hörspiel des Jahres 2019 „GEH DICHT DICHTIG! – Hörspieldialog mit Elfriede Gerstl“ von Ruth Johanna Benrath vorgeführt. Regisseurin Christine Nagel hat mit Gerti Drassl, Dörte Lyssewski und der Komponistin und Vokalistin Lauren Newton einen Dialog für drei Stimmen inszeniert (Kritik hier).
Zuvor läßt die Jury das vergangene Hörspieljahr Revue passieren und das Publikum kann im Anschluss mit den ausgezeichneten Hörspielmacherinnen ins Gespräch kommen. Die Moderation hat Barbara Schäfer (DLF). Der Eintritt ist frei.
Die dreiköpfige Jury (Torsten Mergen, Ruth Rousselange, Georg Ruby) hat das Stück aus den zwölf Hörspiel des Monats gewählt. Die Koproduktion von Bayerischem Rundfunk (BR) und Österreichischem Rundfunk (ORF) war Hörspiel des Monats April.
Die Begründung der Jury zum Hörspiel des Jahres 2019
Wenn ein Preis bereits 31 Mal verliehen worden ist, könnte sich beim 32. Mal leicht ein Hauch von Routine einschleichen. Dies ist 2019 beim „Hörspiel des Jahres“ keineswegs der Fall: Erstmals haben am Wettbewerb Einreichungen des ORF und des SRF teilgenommen, und gleich zum ersten Mal geht die Auszeichnung an eine ORF-/BR-Produktion: „GEH DICHT DICHTIG! Hörspieldialog mit Elfriede Gerstl“ von Ruth Johanna Benrath.
Dieser imaginäre Dialog der Wiener Dichterin Elfriede Gerstl (Gerti Drassl) mit der Berliner Autorin Ruth Johanna Benrath (Dörte Lyssewski), der durch Lautimprovisationen der US-amerikanischen Klangkünstlerin Lauren Newton als gleichberechtigter zusätzlicher Stimme trialogisch konzipiert ist, zeigt eine perfekte Melange gestalterischer Parameter: Das Hörspiel präsentiert sich als Wort-, Klang- und Gedankenexperiment und wird durch den anarchischen Umgang mit Sprache und einer selten so gelungenen Rhythmisierung sprachlicher Musikalität zum Unikat, zu einer vor Intensität leuchtenden Hommage an die 2009 verstorbene Elfriede Gerstl.
Wie kein anderes Hörspiel im Jahr 2019 überzeugt die Produktion durch ein mitreißendes Wechselspiel dreier Klangquellen, die im Endprodukt völlig assoziativ entstanden zu sein scheinen. Dieses wechselseitige Durchdringen unterschiedlicher Sprach- und Lautgenres als Ergebnis einer multifunktionalen Kollektivleistung des Produktionsteams unter der beeindruckenden Regie Christine Nagels macht den performativen Charakter von „GEH DICHT DICHTIG!“ aus und das Werk zu einem lautpoetischen Klangkunsthörspiel außergewöhnlicher Art: Sprachklang wird schillernd transportiert, geräuschhafte Strukturen wirken im besten Sinne so integrierend wie irritierend, ihre ausgeklügelte Mischung mit konkreter Sprache schafft Distanz, provoziert und produziert eine mitunter köstlich-absurde Komik.
Das Zulassen des Assoziativen evoziert den dadaistischen Effekt des scheinbar Kindlich-Naiven, des bewusst Nicht-Reflektierten. Sprache wird aktiviert, um Sprache um- und aufzuschürfen und ihr neue Lebendigkeit durch die Freude am Wort und am Vokalisieren zu verleihen. Loops, Grooves und variantenreiche Chaosfaktoren in der Textstruktur finden sich sowohl auf sprachlich konzipierter als auch musikalisch improvisierter Ebene. Dies führt zu einer atemberaubend dynamischen Interaktion im fiktiven Dialog. Das virtuose Akustikexperiment „GEH DICHT DICHTIG!“ produziert einen fantasievollen Sprachwitz, der von Literatenkollegen wie Ernst Jandl oder Oskar Pastior inspiriert zu sein scheint, aber in seiner individuellen Ausformung völlig eigenständig dasteht und auf beispielhafte Weise ein Feuerwerk des Auditiven zündet.
Die Jury bestand 2019 aus Torsten Mergen, Germanist, Fachdidaktiker mit Schwerpunkt Hörspiel, Ruth Rousselange, Autorin, freie Kritikerin, Georg Ruby, Musiker, Professor für Jazz an der Hochschule für Musik des Saarlandes. Der gastgebender Sender war der Saarländischer Rundfunk.
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