Karl-Sczuka-Preis 2017 für Olaf Nicolai
Der Künstler Olaf Nicolai erhält den Karl-Sczuka-Preis 2017 für seine Arbeit „In The Woods There Is A Bird …“ (auch hier nachhörbar). Das 31-minütige Hörstück ist ein Auftragswerk für die documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur im Rahmen des Radioprogramms „Every Time A Ear di Soun“. Der Karl-Sczuka-Preis für Hörspiel als Radiokunst wird seit 1955 vom SWR vergeben. Er ist mit 12.500 € dotiert und wird am 22. Oktober im Rahmen der Donaueschinger Musiktage überreicht. Der Karl-Sczuka-Förderpreis wurde in diesem Jahr nicht vergeben.
Für sein Hörstück bat Olaf Nicolai die Korrespondentinnen und Korrespondenten von ARD und Deutschlandradio um Tonaufnahmen von Demonstrationen und Protesten auf der ganzen Welt. Verwendet wurden ausschließlich die Geräusche von Menschenmengen – keine Reden oder Kommentare. Gemeinsam mit dem Musiker Frank Bretschneider schuf Olaf Nicolai aus diesem Material ein intensives Hörerlebnis.
Entstanden sei eine „radiophone Suite von bedrängender Intensität“, so die Jury unter dem Vorsitz der ehemaligen Kulturstaatsministerin Christina Weiss. Die Jurybegründung:
Der Karl-Sczuka-Preis 2017 geht an Olaf Nicolai für sein Hörwerk „In the woods there is a bird …“. Aus unbearbeitetem Fremdmaterial für Radioreportagen über Demonstrationen, Protestaktionen und Unruhen aus dem Zeitraum zwischen Juli 2001 und Februar 2017 komponiert Olaf Nicolai eine radiophone Suite von bedrängender Intensität. Die Originaltöne fügen sich in seinen Loops und Überlagerungen zu einem kaleidoskopischen Hörbild über den Zusammenprall von Macht und Ohnmacht, von Autorität und Protest. Zuhörend gerät man in ein akustisches Spannungsfeld aus kollektiver Gewalt und individueller Verletzlichkeit. Deutungen und Wertungen gesellschaftspolitischer Wirklichkeit werden zu persönlichen Fragen jedes Einzelnen.
Der international renommierte Karl-Sczuka-Preis wird jährlich an die „beste Produktion eines Hörwerks, das in akustischen Spielformen musikalische Materialien und Strukturen benutzt“, verliehen. In diesem Jahr wurden 63 Wettbewerbsbeiträge von 90 Bewerberinnen und Bewerbern aus 20 Ländern eingereicht. Über die Zuerkennung der Preise hat am Donnerstag, 20. Juli, in Baden-Baden eine unabhängige Jury unter Vorsitz der ehemaligen Kulturstaatsministerin Christina Weiss entschieden. Weitere Jurymitglieder waren Margarete Zander, Helmut Oehring, Marcel Beyer und Michael Grote.
Deutschlandradio-Programmdirektor Andreas-Peter Weber gratulierte dem Preisträger und lobte die fruchtbare Zusammenarbeit von documenta 14 und den drei Deutschlandradio-Programmen: „Die Medienpartnerschaft zahlt sich für unsere Hörerinnen und Hörer sowohl in journalistischer als auch in künstlerischer Hinsicht jeden Tag aufs Neue aus.“
Das Radioprogramm „Every Time A Ear di Soun“ von documenta 14 und Deutschlandfunk Kultur umfasst 32 Auftragswerke, die vom 8. April bis zum 17. September durch neun Radiosender weltweit zirkulieren. Kuratiert wird das Radioprogramm von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, Curator at Large der documenta 14, und von Marcus Gammel, Abteilungsleiter Radiokunst bei Deutschlandfunk Kultur.
Der Karl-Sczuka-Preis ist nach dem Hauskomponisten der SWF-Gründerjahre benannt und wurde erstmals 1955 vergeben.
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