Hörspiel des Monats Dezember 2012
Radio Élysée — Aus Geschichte und Zukunft zweier Raumfahrernationen
Ein Überblick aus 384 Metern über Normalnull
von: Liquid Peguni Ensemble
Regie: Liquid Penguin Ensemble
Text: Katharina Bihler
Komposition: Stefan Scheib
Redaktion: Anette Kührmeyer
Produktion: SR 2012
Erstsendung: 23.12.2012
Länge: 67:54, SR 2 Kulturradio
Begründung der Jury
In „Radio Élysée“, dem neuen Hörspiel des Liquid Penguin Ensembles (Katharina Bihler und Stefan Scheib), werden aus dem kollektiven Bewusstsein verschwundene Ereignisse aus den frühen sechziger Jahren rekonstruiert und als Startpunkt für ein politisch-physikalisches Spiel benutzt. Die Autoren lesen den Élysée-Vertrag zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland, dessen 50-jähriges Bestehen gerade gefeiert wird, als Sammlung von Handungsanweisungen und übersetzen diese in Fluxus-Aktionen. Mit großer Leichtigkeit wird dokumentarisches Material präsentiert und phantasievoll in eine neue Umlaufbahn geschossen. Der Schwerkraft der beiden Staaten wird eine Utopie der Schwerelosigkeit entgegengesetzt, was in einem „bilokalen” Konzert auf der Tromborner Höhe (384 m ü. NN) und der internationalen Raumstation ISS kulminiert. Mit dem Werkzyklus namens „Falling Pieces” erfinden die Autoren die Musik der Zeit gleich mit. In ästhetischer Hinsicht schafft das Stück eine Situation, in der terrestrische und in der Schwerelosigkeit erzeugte Ereignisse ineinander aufgehen und die Radioformen Hörspiel und Feature miteinander verschmelzen.
Was im Stück absurd-komisch klingt, fußt nicht selten auf historisch verbürgten Fakten, während Erfundenes nur durch die Präsentationsform „Feature” glaubwürdig erscheint. Man möchte zwar glauben, dass der Luftstoß eines Posaunentons unter Bedingungen der Schwerelosigkeit einen Rückstoß von 7 Metern erzeugt – aber ist das auch physikalisch korrekt?
Wie schon in ihrem Stück „Gras wachsen hören – Das biolingua Institut wird 100 Jahre” (2007) gelingt dem Liquid Penguin Ensemble auch hier ein graziler Grenzgang zwischen Feature und Hörspiel durch die Verschränkung von dokumentarischem Material, seiner phantasievollen Rekombination und der musikalischen Interpretation naturwissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten.
Das Stück wird am Samstag, den 2. März 2013 um 20.05 Uhr im Deutschlanfunk (DLF) wiederholt.
Die Nominierungen
BR | 01.+08.12.12 | Virginia Woolf: Jacobs Zimmer (4-teilige Romanbearbeitung) | 213:48 |
DRadio | 16.12.12 | Jean Daive: Erzählung des Gleichgewichts 4: W | 87:52 |
HR | 23., 25., 26.12.12 | D. H. Lawrence: Söhne und Liebhaber (3-teilige Romanbearbeitung) | 253:58 |
MDR | 10.12.12 | Lot Vekemans: Gift | 67:11 |
NDR | 19. + 26.12.12 | Emily Brontë: Sturmhöhe (2-teilige Romanbearbeitung) | 170:39 |
RB | 26.12.12 | Dschelal ed-Din Rumi / Ronald Steckel: Nur für Liebende | 53:51 |
RBB | 14.12.12 | Judith Stadlin und Michael van Orsouw: Buus Halt Waterloo. Ein Hörspiel in neun Haltestellen, ein Hörspiel, das die Landkarte schrieb | 51:38 |
SR | 23.12.12 | Liquid Penguin Ensemble: Radio Elysée | 67:54 |
SWR | 16.+23.12.12 | Eugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichts (2-teilige Romanbearbeitung) | 197:45 |
WDR | 10.12.12 | Schorsch Kamerun: Kann mir nicht vorstellen, dass es weitergeht | 50:25 |
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