Hörspiel des Monatas Dezember 2017
Der Sprung vom Trottoir
von Hubert Wiedfeld
Regie: Alexander Schuhmacher
Dramaturgie: Peter Liermann
Produktion: HR 2017
Erstsendung: HR 2 Kultur, 27.12. 2017 (1. Teil), 03.01.2018 (2. Teil)
Länge: 73:00 + 88:44
Die Begründung der Jury
Der „Sprung vom Trottoir“ ist Storyboard, ist Film im Film, denkt Visuelles aber akustisch und ist also ein Hörspiel, das einen vom ersten Moment an in seinen Bann zieht. Manchmal taumelnd und schlingernd treibt es dabei ein höchst ungewisses, changierendes Spiel. In 34 Bildern aufgegleist in die Spur eines Leporellos – der selbst eine wichtige Requisite des Stückes ist – rollt es fort und fort. Zahllos sind die Bezüge und Querverweise, die Spielereien mit Namen und Rollen, Begriffen, Zeit, Ort und
Genres. Science Fiction, polit-ökonomische Staatsdystopie, Krimi, Kunstabhandlung, Love Story …? Ein „Rumgespinne“, heißt es, aus dem Ernst geworden sei.
Das literarische Verfahren des 2013 verstorbenen Hubert Wiedfeld erinnert an Robbe-Grillet, Magritte und den nouveau roman. Dabei bezieht sich Wiedfeld auf die erratisch-melancholischen Low-key Zeichnungen des Niederländers Marcel van Eeden, dessen Begeisterung für Eisenbahnen er teilt.
Angetrieben wird dieser hardboiled-railroad-trip von einem in Klangfarbe und Rhythmus minutiös ausgearbeiteten Soundtrack, sensibel und eng am Text, gewoben aus einer großen Bandbreite musikalischer Stile. Regisseur Alexander Schuhmacher greift dabei auf seine ganz eigene Weise das Collageverfahren Wiedfelds auf und setzt auf einen abstrahierenden Raumklang.
Eines wird bei all dem schnell klar: hier gibt es keinen roten Faden – aber eine Frau in einem roten Mantel. Diese Erkenntnis ist möglicherweise beruhigend. Durchaus im Sinne des Stückes wäre es auch, in Unsicherheit, in Angst, vielleicht in Wut, zumindest aber in Bewegung zu geraten. Und sollte am Ende doch jemand nicht verstehen, um was es hier geht, so wird er doch selten die Zeit so gerne mit Zuhören verbracht haben.
Der erste Teil des Hörspiels wird am 10. März 2018 im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.
Die Nominierungen
BR, Max Hermann-Neiße: Der Todeskandidat
DLF Kultur, Hermann Bohlen: Schweine-Heinz
HR, Hubert Wiedfeld: Der Sprung vom Trottoir
MDR, Thilo Reffert: Bleib kurz dran
NDR, Hans Unstern: DIVEN [premix]
RB, keine Nominierung
RBB, Irmgard Keun: Nach Mitternacht
SR, Gerold Ducke: Blätter im Wind
SWR, William Faulkner: Licht im August
WDR, Cixin Liu: Die drei Sonnen
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