Dokumentation, Matthias Gierth: Grußwort zum 64. Hörspielpreis der Kriegsblinden 2015
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich freue mich sehr, Sie alle hier bei uns im Deutschlandfunk willkommen zu heißen! Die Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden ist in jedem Jahr ein Ereignis für alle Hörspielmacher und Hörspielenthusiasten, letztlich für alle Hörfunkinteressierten. Dass wir in diesem Jahr den 64. Hörspielpreis der Kriegsblinden in unserem Funkhaus am Kölner Raderberggürtel ausrichten dürfen, das ist für uns ein großes Glück und eine große Ehre.
Der Hörspielpreis der Kriegsblinden ist nach wie vor die bedeutendste Auszeichnung, die im deutschsprachigen Hörspiel zu erringen ist. Und betrachtet man die Liste der Preisträger, so kann man diese durchaus als Kompass durch eine weitgefächerte und vielfältige Hörspiellandschaft benutzen. Was sich hier ganz nebenbei (in der Abfolge der Hörspielkünstler und ihrer Stücke) ausdrückt, ist ein so ungeheurer Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten und Spielarten des Genres, an Eigensinn und Experimentierfreude, dass einem um die ästhetischen Möglichkeiten und damit auch um die Zukunft der Gattung eigentlich nicht bange sein muss.
Hörspiel, das lehrt der Blick in die Geschichte des Hörspielpreises der Kriegsblinden, ist ein ungeheuer lebendiges Genre, avantgardistisch und traditionsbewusst, zeitgenössisch und poetisch, politisch und phantastisch.
Wir alle, die wir heute Radio machen, haben vom Hörspiel gelernt. Selbst wenn uns dies nicht einmal bewusst ist, so existierte doch kaum eine unserer Sendungen ohne die Formexperimente, die intensiven Klang- und Ausdrucksrecherchen der Hörspielmacher. Vielleicht müssen wir nicht so weit gehen wie Helmut Heißenbüttel, der in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch davon träumen konnte, dass das Hörspiel einmal den eigentlichen Knotenpunkt des Rundfunkprogramms darstellen werde.
Aber in einer informationsversessenen Zeit, die vor lauter Informationen und Live-Tickern mitunter den Überblick zu verlieren droht, kann ein Blick auf die Strategien und Methoden des Hörspiels, mit Komplexität umzugehen, nur inspirierend sein.
Ohne das Hörspiel, verstanden als Labor akustischer und erzählerischer Möglichkeiten unseres Mediums, ist auch der Deutschlandfunk nicht zu denken. Auch ein Informationsprogramm, das uns mit immer neuen Nachrichten „auf dem Laufenden“ hält, benötigt Impulse zum Innehalten, zur Konzentration, zum Widerspruch.
Und wenn wir uns heute freuen, Sie alle hier im Deutschlandfunk begrüßen zu dürfen, so begrüßen wir ja im Grunde lauter Protagonisten unseres Programms. Denn in unserem Hörspielprogramm sind Sie alle regelmäßig zu Gast. Auf dem Spielplan unserer Hörspielredaktion, die Sabine Küchler so hoch motiviert wie engagiert leitet, stehen Produktionen der gesamten ARD. Wir präsentieren das „Hörspiel des Monats“ und das daraus resultierende Hörspiel des Jahres und dokumentieren in unserem monatlichen Hörspielmagazin (ab Juli 2015 in neuem Layout!) neue Entwicklungen der Gattung in Gesprächen mit Autoren, Regisseuren und Hörspieldramaturgen.
Nicht selten steht da auch die scheinbar simple Frage im Raum, was das denn nun sei, ein gutes Hörspiel, ein Hörspiel für unsere Zeit, eines, das uns angeht.
Vielleicht ist ja alles ganz einfach; so einfach, wie Orson Welles es formuliert hat, der mit seinem legendären Hörspiel „Krieg der Welten“ 1938 immerhin eine Massenpanik und – bis heute – ein kleines Radiobeben ausgelöst hat. Er sollte es also wissen und vielleicht hat er bis heute recht: „Jeder schätzt eine gute Geschichte und Radio ist der beste Geschichtenerzähler, den es gibt.“
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