Die Gewinner des 4. sonOhr-Festivals 2014

  • Jury-Preis Fiction der Stiftung für Radio und Kultur Schweiz SRKS,
    dotiert mit 1.500 CHF.
    Quarantäne. Der Grüne Tod in Winterthur
    von Elvira Isenring, Sebastian Herzog, Tom Combo, Gion M. Cavelty, Daniel Mezger und Dominik Dusek

Laudatio der Fachjury:
Das Konzept ist sportlich: Sechs Autorinnen und Autoren schreiben im Rotationsprinzip in je 24 h ein Hörspiel. Und das Konzept geht auf – es bedeutet Spass auf jeder Ebene: beim Schreiben, beim Produzieren – und beim Zuhören. Frisch, frech und fragmentarisch spinnt sich eine Winterthurer Horrorposse zusammen. Sie sprudelt vor Kreativität, hat Mut zur Lücke und erweist mit dem tiefen Griff in die Trickkiste dem Trash alle Ehre. Als Hörerinnen und Hörer huschen wir durch den Dschungel aus Erzählsträngen, dürfen aber immer auch auf Lichtungen verweilen, auf denen wir mit grotesken Bauchrednerpuppen und überdrehten Radiomoderatorinnen anbandeln. Die gutdesigneten Soundschicht hält das lustvolle Wirrwarr zusammen. Selbstironie und Witz sorgen für beste Unterhaltung. Und nicht zuletzt ist Quarantäne auch eine Liebeserklärung an die Freien Radios. Die Apokalypse ist da, aber Radio Stadtfilter sendet weiter.

 

  • Jury-Preis Non-Fiction des Schweizer Syndikat Medienschaffender SSM,
    dotiert mit 1.500 CHF.
    Männerträume
    von Maru Rieben.

Laudatio der Fachjury:
Die Gewinnerin hat uns überascht, dass sie gerade mit einer Non-Fiction-Produktion die Fiktion thematisiert: Nämlich Träume von Männern, die aber sehr realistisch sind. Maru Rieben hat es geschafft, den Männern durch Interviews, die sehr direkt, respektvoll, hitzig und erhlich sind, Wahrheiten zu entlocken. Sie hat die Männer dazu gebracht, laut zu denken, sehr intim aber nie peinlich oder machohaft selbstdarstellerisch zu wirken. Und aus diesen Antworten, Gedanken und eben Träume, hat sie eine Komposition, ein Musikstück mit Soli, Pausen, Reduktion, Polyphonie geschaffen. Ein Chor, der für alle spricht und auch für jeden einzelnen. Der Funke aus dem Lautsprecher ist übergesprungen, das Feature macht neugierig, macht ein Fenster auf in die Gedankenwelt, die uns zum Staunen bringt, uns Frauen, und auch die Männer – mit einem Augenzuwinkern und einem „clin d’ oreille“.

 

Laudatio der Fachjury:
„Fein ausgehorcht“, „keine Überwältigungsstrategie, kein vereinnahmendes Pathos“, eben: kein Geräuscharchiv!“ das sind die Stichworte, die sich unter anderem in unseren Notaten zu dem „Hörspiel“ „Childhood Stories – China 2012“ in der Kategorie „Experimentelles“ finden lassen.
„Fein ausgehorcht“ ist da alles! Eine soundscape, die uns Hörende ohne viel Umwege nach China bringt, uns aber eben keinen herkömmlichen „Soundtrack“ liefert, der als Begleitspur unter eine Erzählung gekleistert wird. Klanglandschaften zeichnen sich vor unserem mithörenden Auge ab – denn wir sehen sie förmlich, die changierende Klang-Landschaft auf der leeren Kinoleinwand über das Gehörte; das sind definitiv keine „Prospekt-Klänge“ aus der Schublade, eben wie meist aus Geräuscharchiven zugeliefert. Etwas diffus, aus unaufdringlicher Distanz, fast mit einem „smog-Filter“ (wenn es diesen denn im Audio-Design gäbe) erscheint die chinesische Stadt-Land-Schaft.
Vereinzelt hört man typisches, ohne dass dies „ausgestellt“ würde: Das Fahrrad, ein Quitsch-Entchen, Stimmen, die Tonsprache sind, soundscapes aus den Altstadtvierteln, den Hutongs aus Peking; Verkehrs- und Datenströme aber auch aus der Megacity Shanghai.
„Trompe l’oreille“…
„Fein ausgehorcht“ sind aber auch die Stimmen der Protagonisten: In die soundscape eingebettet sprechen 2 Stimmen, dialogisch, von und für eine ganze Generation – der zwischen 1980 und 1990 geborenen Chinesinnen und Chinesen der Ein-Kind-Politik. Wir alle haben Kenntnis von dieser für uns so seltsam erscheinenden Familienpolitik und konnten dennoch bis anhin nicht im Geringsten erahnen, was das konkret heisst. Ganz konkret heisst das nämlich: „Sich selber Geheimisse zuflüstern“!
So fremd und mitunter befremdlich das alles ist, so unglaublich einsam, wenn vom „alleine spielen“ die Rede ist, von den geheimen Orten, die man nur sich selber mitteilen kann, dem „vom-Hören-Sagen“ der Eltern, die Geschwister hatten… so überraschend vertraut ist uns aber auch manches:
Nebst chinesischen Legenden und Fabeln werden auch in China Anders’sche Märchen wie „die roten Schuhe“ erzählt, und einsam die Game-Boys bedient.
„Fein ausgehorcht“ haben Regina Dürig und Christian Müller mit ihrem Unterfangen „Childhood Stories“ natürlich nicht nur die Kinder Chinas, sondern es gelingt ihnen über diese Perspektive und über dieses Konzept ein Blick und ein Aushorchen in eine gesamte Verfassung einer ganzen Gesellschaft. Dadurch dass auf gesprochene O-Töne verzichtet wird, kein übliches voice over wird hier angewandt – wohnen wir einer direkten, ausserordentlich gut erzählten Bildergeschichte bei. Reine Poesie, die sich da entfaltet. Zeit die gelassen wird, dem Experiment – im Sinne einer Versuchsanordnung – wird genügen Platz gegeben.

In der Fachjury des diesjährigen Festivals sassen Theresa Beyer (Musikethnologin und freie Journalistin), Valerian Maly (Dozent für Performance Art und Medienkunst an der Hochschule der Künste Bern) und Päivi Stalder (Hörspiel-Regisseurin, Schauspielerin, Autorin).

 

  • Publikumspreis, dotiert mit 2.000.- CHF.
    Der Lismer-Club, Ruedi + Heinz und die Fallmasche
    von Rolf Strub

Zum Inhalt:
Es ist Winter in Olten. Die schrägen Senioren Ruedi und Heinz stolpern durch die Stadt und über eine Leiche im Vögeligarten. Sie verstricken sich selbst in hanebüchene Ermittlungen, treffen aufechte Lebende und werden einen speziellen Begleiter einfach nicht mehr los. Ein atmosphärisches Kleinstadt-Roadmovie- Vergnügen der besonderen Art, mit Tönen der Stadt.“

sonOhr Pokale

Das 5. sonOhr Hörfestival findet vom 13. – 15. Februar 2015 statt.

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