6. Berliner Hörspielfestival – Die Gewinner
Am Sonntag, den 26. April ist das 6. Berliner Hörspielfestival zu Ende gegangen. Drei Tage lange waren Hörspiel in vier Kategorien von 60 Sekunden bis 60 Minuten Länge zu hören. 37 Stücke aus den knapp 150 Einsendungen konkurrierten um die mit Audioequipement dotierten Preise /// Der MikroFlitzer (für Stücke bis 60 Sekunden), /// Das glühende Knopfmikro (bis 5 Minuten), /// Das kurze brennende Mikro (bis 20 Minuten) und /// Das lange brennende Mikro (bis 60 Minuten).
Gewinner des Jurypreises /// Das lange brennende Mikro war Tom Heithoff, der mit seinem Hörspiel „La vie en rose – Vom Leben und Überleben in Paris“. Das vierzigminütige Stück war ursprünglich als achttteilige Serie für das Magazin „Echtzeit“ von Deutschlandradio Kultur produziert worden, wo es am Samstag, den 2. Mai um 16.05 Uhr wiederholt wird.
“Die Übel“, steht als Motto über Tom Heithoffs Website: „Die Übel bleiben doch immer unter ihren Möglichkeiten.“ Ein Motto, das auch die Existenz der Figur beschreibt, die in seinem 8-teiligen Hörspiel „La vie en rose – Vom Leben und Überleben in Paris“ porträtiert wird. Aber porträtiert wäre schon das falsche Wort, denn der Sprecher, dem wir 40 Minuten lang zuhören, ist weder der Gegenstand dieses Hörspiels, noch ist er eine Erfindung des Autors. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes sein Protagonist. Denn Lorenz Eberle, so heißt die namenlose Hauptfigur, gibt es wirklich und es ist nicht das erste Mal, dass er in einem Hörspiel von Tom Heithoff auftaucht. Dadurch dass er hier aber selbst in seine eigene Rolle schlüpft, verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.
Wir hören einer Person zu, die den Kopf in den Wolken hat, und ihn sich doch permanent an der zu niedrigen Decke seines winzigen Appartements stößt. Einer dem mindestens einmal im Jahr das Mobiltelefon und/oder die Kreditkarte geklaut werden, und der trotzdem der Polizei vorsätzlich nur „sehr abstrakte“ Täterbeschreibungen liefert.
Er ist einer, der seit zwanzig Jahren nicht eigentlich in, sondern gegen Paris lebt. Gegen die miesen Wohnverhältnisse, gegen den Verkehrsinfarkt, gegen die autoritäre Arbeitskultur und nicht zuletzt gegen die völlig überschätze französische Esskultur. Lorenz Eberle spielt einen jener Beleidigten und Erniedrigten, der trotz allem wild entschlossen sind, die Welt in rosarot zu sehen. Das ist einerseits umwerfend komisch und andererseits auch ziemlich traurig.
Tom Heithoffs Hörspiel ist – dann doch – ein atmosphärisch dichtes Porträt geworden. Ein Doppelporträt. Einerseits eine Liebeserklärung an den begnadeten Radioperformer Lorenz Eberle und andererseits ein Porträt der Stadt Paris, die zwar kein freundlicher Ort ist, aber wenigstens unter ihren üblen Möglichkeiten bleibt.
Dafür vielen Dank, Tom Heithoff.
Die Jury bestand aus Elisabeth Panknin, Andreas Hagelüken, Oliver Kontny und Jochen Meißner.
Der Publikumspreis /// Das kurze brennende Mikro für Hörspiele bis 20 Minuten Länge ging mit 92 Punkten an das Hörspiel „Frau Ausweis“ von Felix Kubin vor den beiden mit jeweils 57 Punkten Zweitplatzierten Andreas Liebmann für sein Feature „Meiers prähistorisches Hirn“ und der satirischen Handreichung für Soundbastler „Der Hörspielmacher“ von Christian Berner und Frank Schültge.
/// Das glühende Knopfmikro sprach das Publikum Ulrike Klausmann mit für ihr Hörspiel „mainundwaig“ zu. „Hinfallen und Aufstehen“ von Caroline Burgwald landete mit 46 Punkten auf Platz Zwei und Peter Komarowskis „Kaputt. Lustig.“ mit 41 Punkten auf Platz Drei.
/// Der MikroFlitzer für Hörspiele bis 60 Sekunden, in dem als zusätzliche Restriktion eine Schlagzeile der taz vom 1. April vorkommen musste, wurde per „Applausometer“ ermittelt und ging an René Wilbrant für „Eine wahre Geschichte“, knapp vor „Wählen“ von HörFix 23 und „Super GAU“ von Björn SC Deigner.
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