Hörspiel des Monats Juli 2012
Rotoradio
von Ferdinand Kriwet
Regie: Ferdinand Kriwet
Redaktion: Ulrike Brinkmann
Produktion: D-Kultur/WDR 2012
Erstsendung: 29.07.2012, D-Kultur
Länge: 39:09
Begründung der Jury
Der Autor, Hörspielmacher und bildende Künstler Ferdinand Kriwet veröffentlichte 1961 mit gerade mal 19 Jahren den experimentellen Roman „Rotor“. Ein Fließtext in Blocksatz, ohne Absätze, interpunktionslos, in radikaler Kleinschreibung, der auf 106 einseitig bedruckten, unpaginierten Seiten sich rotierend fortschreibt. Kurz nach dem Roman entstand sein erster Hörtext „Offen“ und Kriwet wurde zum Vorläufer und einem der wichtigsten Protagonisten des „Neuen Hörspiels“. Fast dreißig Jahre nach seiner letzten Hörspielproduktion und gut fünfzig Jahre nach Erscheinen seines Erstlingsromans hat Kriwet nun aus dem schriftsprachlichen Lesetext „Rotor“ einen lautsprachlichen Hörtext gemacht: „Rotoradio“.
„Rotoradio“ ist keine konventionelle Romandramatisierung, sondern eine vom akustischen Medium her gedachte Transformation des Textes. Eine aufwändig montierte Sprachkomposition, die auf narrative Linearität verzichten kann und dennoch eine Geschichte erzählt, die in der Welt der Beatliteratur verortet ist: nächtliches Erinnern, banges Erwarten, Reisen, Sex und Gewalt. – angereichert mit Einsprengseln kalauernden Humors. Des Weiteren thematisiert und inszeniert Kriwet die Möglichkeiten und Grenzen des menschlichen Artikulationsapparates. Dabei bleibt die Montage immer transparent. Weder in den chorischen Schichtungen noch in den kanonhaften Überlagerungen gleitet sie in ein Stimmengewirr oder ins undifferenziert Geräuschhafte ab. „Rotoradio“ spürt dem Sprachmaterial – den Körpern der Wörter – nach.
Wesentlich für das Stück ist Kriwets sensible Führung jedes einzelnen Mitglieds des fünfköpfigen Sprecherensembles (Max Woithe, Janusz Kocaj, Janus Torp, Marian Funk, Ilja Pletner), dessen junge und unverbrauchte Stimmen die Modernität eines fünfzig Jahre alten Text auf beeindruckende Weise vergegenwärtigen.
Mit „Rotoradio“ hat Ferdinand Kriwet, der am 3. August 2012 seinen 70. Geburtstag feiert, sich selbst und seinen Hörern wohl das beste Geschenk gemacht.
Das Stück wird am Dienstag, den 2. Oktober 2012 um 20.10 Uhr im Deutschlandfunk (DLF) mit einer Einführung von Jochen Meißner wiederholt.
Die Nominierungen
BR | 20.07.12 | Rudolf Herz: Der kalte Sommer 1912 | 44:32 |
DRadio | 29.07.12 | Ferdinand Kriwet: Rotoradio | 39:09 |
HR | 22.07.12 | Lívia Páldi: To be corrected – Wird korrigiert | 64:59 |
MDR | 15.07.12 | Thilo Reffert: Altes Eisen (ARD Radio Tatort) | 53:17 |
NDR | 30.06. + 07.07.12 | Philipp Meyer: Rost 2-teilige Romanbearbeitung | 104:14 |
RB | keine Ursendung | ||
RBB | 06.07.12 | Matthias Käther / André Hatting: Klassiker Reloaded | 43:16 |
SR | keine Ursendung | ||
SWR | 01.07.12 | Lukas Holliger: Menschliches Versagen | 40:44 |
WDR | 17.07.12 | Jörg Buttgereit: Green Frankenstein | 52:54 |
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