Hörspiel des Monats September 2022
Alles Licht, das wir nicht sehen
von Anthony Doerr
Bearbeitung: Karlheinz Koinegg
Übersetzung: Werner Löwe-
Regie: Petra Feldhoff
Komposition: Ulrike Haage
Redaktion: Ulla Illerhaus
Produktion: WDR 2022
Länge: 46:46, 50:19, 52:53
Ursendung: 17.9, 24.9., 1.10.2022
Die Begründung der Jury
Die Jury kürt „Alles Licht, das wir nicht sehen“ nach dem gleichnamigen Roman von Anthony Doerr als besonders gelungene Literaturadaption zum Hörspiel des Monats September 2022. Die szenische und atmosphärische Textvorlage wurde kongenial von der Regisseurin Petra Feldhoff umgesetzt. Unter ihrer Anleitung überzeugen auch die schauspielerischen Leistungen insbesondere der Darstellung der Protagonistin Marie-Laure durch Alicia von Rittberg, Frieda Reinke und Leni Kramer sowie des Protagonisten Werner Hauser durch Marcus J. Bachmann, Julius Langner und Gustav Saurbier in den unterschiedlichen Altersstufen vom Kind bis zum Jugendlichen und zur Erwachsenen sowie des Nebendarstellers Bernhard Schütz als Reinhold von Rumpel. Dramaturgie, Inszenierung und schauspielerische Leistung erzeugen einen solchen Sog, dass man alle drei Teile am Stück hören möchte. Besonders berührend ist, dass der Zweite Weltkrieg aus der ungewöhnlichen Perspektive eines französischen, blinden Mädchens und eines deutschen, technikbegeisterten Jungen erzählt wird, die unaufhaltsam in den Wirren der Ereignisse aufeinander zutreiben. Die Gefahr der Sentimentalität wird dabei durch die tragende Rolle des Radios als dritter Protagonistin gebannt. Es wird in all seinen Facetten gezeigt und treibt die Handlung voran: Als Medium zur Überwindung von Grenzen und Entfernungen, als vermittelndes Element von Bildung, Kunst und Kultur, sowie als politische Propagandamaschine, die zur Gleichschaltung benutzt wird, als Waffe des Widerstandes und als lebensgefährliches Instrument zur Ortung von dem Partisan:innen
Lobende Erwähnungen
Marcus Orths: „Picknick im Dunkeln“ (hr)
Die Hörspieladaption von Marcus Orths‘ Roman „Picknick im Dunkeln“ erhält als ebenfalls sehr gelungenes Stück eine lobende Erwähnung: Nicht nur ist der Roman höchst originell und einfallsreich konzipiert, dessen Setting im Dunkeln ideal für ein Hörspielspiel geeignet ist. Die an das absurde Theater von Samuel Beckett erinnernde Handlung ist außerdem überzeugend von Alexander Schumacher inszeniert und Jean-Pierre Cornu als Stan Laurel und Samuel Weiss als Thomas Aquin glänzen in ihren Rollen – selbst in der Dunkelheit dieses Hörspiels.
Michel Friedman: „Fremd“ (DLF)
Eine weitere lobende Erwähnung erhält „Fremd“ von Michel Friedman. Bei dieser Hörspieladaption überzeugt sowohl der berührende, lyrische Text über die Fremdheitserfahrung eines Juden, der im Nachkriegsdeutschland im Schatten des Holocaust und der Traumata seiner Familie aufwächst, als auch die kluge Bearbeitung und Inszenierung von Text und klanglichen Atmosphären durch Max Lindemann sowie die schauspielerische Leistung von Constanze Becker als Sprecherin. Durch das Zusammenspiel von Text, Bearbeitung, Inszenierung und Sprecherin wird das Stück denn auch über die biografischen Elemente des Autors Michel Friedman hinausgehoben und erhält eine universelle Bedeutung als berührende Beschreibung der Erfahrung fremd und ausgeschlossen zu sein.
Alles Licht, das wir nicht sehen
Das Hörspiel des Monats wird am 05.11.2022 um 20.05 Uhr im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.
Die Nominierungen
BR, Alexander Kluge: Unruhiger Garten der Seele. Kommentare.
DLF, Michel Friedman: Fremd
DLF Kultur, keine Nominierung
HR, Markus Orths: Picknick im Dunkeln
MDR, keine Nominierung
NDR, Juan S. Guse: Miami Punk: The complete DLC
RB, Ursual Poznanski: Cryptos
RBB, keine Nominierung
SR, keine Nominierung
SWR, Katharina Volckmer: Der Termin
WDR, Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen
ORF, keine Nominerung
SRF, Nicole Bachmann: Die Kadenz der Mörders
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