Hörspiel des Monats September 2018
Paartherapeut Klaus Kranitz – Bei Trennung Geld zurück
Hörspielserie in 3 Teilen (Zweite Staffel)
von Jan Georg Schütte, Wolfgang Seesko Regie: die Autoren Komposition: Glantz.Cortez, Sebastian Albert Redaktion: Holger Rink, Lina Kokaly Produktion: RB/SR Erstsendung: 02.09., 16.09., 30.09. Länge: Teil 1: 53:50, Teil 2: 51:42, Teil 3: 49:31 |
Die Begründung der Jury
Radio Bremen ist eine Serie gelungen, die sich wohltuend von aufwendigen und überbordenden Literaturadaptionen absetzt, die auf den Hörbuchmarkt getrimmt sind. In „Paartherapeut Klaus Kranitz – Bei Trennung Geld zurück“ werden mit Lust am Spiel und Freude an ironischer Brechung auf höchst unterhaltsame Weise die Tiefen und Tücken der heute vorfindbaren Form von Liebessemantik erkundet, die sich laut Niklas Luhmann „schwerer als jede frühere unter eine Leitformel bringen“ lässt. Jan Georg Schütte und Wolfgang Seesko haben dafür ein bestechend einfaches originäres Konzept sympathisch unprätentiös umgesetzt: Ein Paartherapeut sitzt zwei Menschen gegenüber, deren Probleme es in drei Sitzungen zu lösen gilt. Bei Trennung Geld zurück! Die ideenreichen Anfänge machen sofort Lust aufs Weiterhören:
In Teil 1 dieser zweiten Staffel fährt das ältere Ehepaar Just im Taxi zu Paartherapeut Klaus Kranitz, weil die Tochter es so bestimmt hat. Eigentlich wissen sie nicht so recht, was sie dort sollen, doch als er ruppig über Bremen meckert und sie es doch „ganz schön hier“ findet, erahnt man das große Konfliktpotenzial. In Teil 2 laufen die unverheirateten jungen Leute Rudolf und Fique zu Fuß zur Praxis Kranitz. Sie sind eigentlich ein perfektes Paar, aber genau das ist ihr Problem! Sie wollen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und für das üben, was eintreten könnte. In Teil 3 fährt das smartphonesüchtige und der direkten Kommunikation entfremdete Ehepaar Hüttenschmitt im eigenen Auto zu einer Adresse, von der sie annimmt, dass es sich um ein Restaurant handelt. „Überraschung“, sagt ihr Mann als sie vor der Praxis Kranitz halten. „Hunger“, sagt sie, was das Denken unterminiert. So, wie ständiges Spielen mit dem Handy.
Der Zauber dieser Serie aber besteht in ihrer großen Nähe zur Tradition des Livehörspiels und einem damit verbundenen Ansatz, der die Darsteller*innen als Persönlichkeiten zum Strahlenbringt. Der Dialog und die Szenerie entstehen in freier Improvisation, mit beklemmenden Stockungen und spontanen Ausbrüchen, die sich als teils entzückend, teils quälend miterleben lassen. Das stellt manch sorgfältig vom Blatt gestaltete Lesekunst in den Schatten, gerade weil es stets sehr komisch ist, in vielen wunderbaren und oft auch irrwitzigen Wendungen in jeder Sitzung doch auch um sehr ernsthafte und gegenwärtige Probleme und Konflikte geht.
Eine lobende Erwähnung im Sinne eines zweiten Preises spricht die Jury für „Auf einem einzigen Blatt Papier“ des BR (Autorin Mirna Funke, Regisseurin Stefanie Ramb) aus. Sie würdigt damit ein Werk, in dem schlicht und präzise eine faszinierende, komplexe Geschichte erzählt wird. Das Bild einer beunruhigen Persönlichkeitsstörung entsteht, die in der Kindheit wurzelt, und zugleich als Sinnbild für die Sehnsucht Israels gehört werden kann, seine traumatische Vergangenheit hinter sich zu lassen, um sich immer wieder neu zu erfinden.
Eine Kritik zur 1. Staffel gibt es hier.
Das Hörspiel wird am Samstag, den 1. Dezember 2018 im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.
Die Nominierungen
BR, Mirna Funke: Auf einem einzigen Blatt Papier
DLF Kultur, Klaudia Ruschkowski: Theatertier, das ich bin. Solo mit dem Schauspieler Jürgen Holtz
HR, Gisela von Wysocki: Denken ist selbst ein Leben. Wiesengrund antworten
MDR, Jean-Michel Räber: Gehen oder Der zweite April
NDR, Ronja von Rönne: Wir kommen
RB, Jan Georg Schütte / Wolfgang Seesko: Paartherapeut Klaus Kranitz (2. Staffel)
RBB, keine Nominierung
SR, keine Nominierung
SWR, keine Nominierung
WDR, Hilary Mantel: Brüder
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