Hörspiel des Monats Oktober 2021
Alice – Krimi-Hörspielserie in acht Folgen
von Feo Frank
Regie: Eva Solloch
Redaktion: Jakob Schumann
Produktion: DLF Kultur / BR 2021
Länge: 226:56 min.
Ursendung: DLF, Sa, 23.10.2021, 30.10.2021 (Teile 1-4 und 5-8), 20.05 Uhr; Mo bis Do, 25.10.21 bis 28.10.21, 22.03 Uhr (jeweils Doppelfolgen)
Die Begründung der Jury
Warum ist die Leiche aus einem Pool irgendwo in Deutschland plötzlich lebendig in Ecuador und kommt im Andenhochland bei einem Bergunfall ums Leben? In Feo Franks Hörspieldebüt „Alice“ gibt es darauf eine recht einfache Antwort, und doch ist diese Krimiserie alles andere als simpel gestrickt. Wir haben es hier mit Menschen zu tun, die profunde Schutzschilder und Lügengeschichten fürs tägliche Leben benötigen, sodass sie einander und auch uns, die Hörerschaft, permanent auf unsicheres Terrain führen.
Selten hört man derart subtil korrumpierte Stimmen, wie sie sich vorgeblich nett und verständnisvoll an andere wenden. In Wahrheit ist ihnen aber nicht zu trauen. Es sind höchst unzuverlässige Dialoge, die uns in das Beziehungsgeflecht der hier agierenden Menschen hineinziehen – die potenzielle Lüge schwingt vom ersten Moment an als Echo mit.
Allen voran ist da die Ich–Erzählerin Alice, die bei einer Agentur für die Überbringung schlechter Nachrichten arbeitet. Als Hiobsbotschafterin muss sie die Emotionen anderer Menschen kontrolliert abfangen und steuern, weil die Lebenspartner mit ihnen Schluss gemacht haben, weil sie gekündigt werden oder weil sie bankrottgegangen sind. In kurzer Zeit findet sie sich in einem tragischen, erpresserischen Wissensgefüge wider, in dem auch ihre Freundin Caro, eine Radiojournalistin, und deren Mann Youssef sowie ihre Kollegin Naomi und die Chefin Florence eine wichtige Rolle spielen. Der Polizeikommissar komplettiert die mysteriös miteinander verbundenen Personen. Die hervorragenden Schauspielstimmen erzeugen ohne jedes Forcieren nuancierte Gefühlslagen. Sie klingen alle irgendwie nett, aber bei genauerem und längerem Hinhören erkennt man ihre verschleierten Abgründe. Wer angespannt spricht, kann dennoch zugleich berechnend vorgehen. Und dann tun sich unheimliche Räume auf und nehmen Gespräche denkwürdige Wendungen. Besonderen Gewinn schlägt die Arbeit aus der auch ineinander geschnittenen Doppelrolle von Alice als Hauptfigur sowie als intime Erzählerin der Geschichte, die die Hörerschaft konspirativ–wehklagend für sich einzunehmen versucht.
Der mysteriöse Drift von „Alice“ ist eine weitere Kraftquelle dieser Hörspielserie. Wir wissen nicht genau, in welchen Zeit wir uns befinden. In der Zukunft? Immerhin wird unauffällig, aber wiederholt darauf hingewiesen, dass man schon längst keinen Tabak mehr bekomme. Obendrein scheint die Hiobsagentur Bestandteil einer Outsourcing–Gesellschaft zu sein, die alles Leben über bezahlte Dienstleistungen managt. Für diese dystopische Gesellschaftskritik und ihre Mystery–Schlagseite gibt es Douze Points!
Das Hörspiel des Monats wird am 4.12.2021 um 20.05 Uhr im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.
Die Nominierungen
BR, Clarice Lispector / Cordelia Dvoràk: Ulissas
DLF, Leander Fischer: Fischvibe
DLF Kultur, Feo Frank: Alice (Krimi-Hörspielserie in acht Folgen)
HR, Robert Wilson: Tower of Babel II
MDR, Dirk Laucke: Schlachten und Zerlegen (ARD Radio Tatort)
NDR, Axel Ranisch / Paul Zacher: Anton und Pepe (Hörspielserie in fünf Folgen)
RB,
RBB,
SR, Hakim Djaziri: Neben der Spur (Zweiteilige Fassung)
SWR, Thomas Melle: Die Welt im Rücken (Zweiteilige Fassung)
WDR,
ORF, David Zane Mairowitz: Das Polio-Jahr
SRF,
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