Dritte Wahl
Die nächsten Tage im Radio
Drittmittel bringt, wie der Name schon sagt, immer ein »Tertius gaudens«, also lachender Dritter, in den Hochschuletat ein. Für alle anderen bietet die Einflußnahme privater Unternehmen auf Studieninhalte und Hochschulpolitik keinen Anlaß zur Freude. Die Berliner Unis finanzieren sich mittlerweile zu 40 Prozent über Drittmittel, hieß es am Mittwoch in »Campus & Karriere« (werktags, 14h35, DLF). An der Technischen Universität machten sie 155 von 265 Millionen Euro Gesamtetat aus. An der Humboldt-Uni wird die Hälfte der Professorenstellen extern finanziert. Das dazu gewöhnlich angestimmte Loblied auf die Entlastung des Staates wird von prekären Beschäftigungs- und miserablen Lernsituationen Lügen gestraft. Aber die nächste Public-Private-Partnership (PPP) kommt bestimmt. »Schrecken ohne Ende?« fragt heute (19h15, DLF) das »Hochschulgespräch«, wenn es um das gegen die Wand gefahrene Studienplatzvergabesystem geht. Es funktioniert nicht. Jörg Dräger vom Bertelsmann-Thinktank CHE wird die Steilvorlage garantiert aufnehmen und einer PPP das Wort reden, Salome Adam dagegen den freien Zusammenschluß von Studierenden vertreten.
Im Anschluß folgt auf dieser Welle das Porträt eines Messis: »Rainer aus der Märchensiedlung« (DLF/NDR) von Paula Schneider über Leben und Sterben eines Hamburger Rechtspflegers. Kennen Sie Isaac Asimov? Das ist der Verfasser Hunderter Sci-Fi-Heftchen, der eine Roboterethik entwickelt hat. Deren logische Fehlkonstruktionen wurden seinerzeit von Stanislaw Lem aufgezeigt, dem polnischen Großmeister einer literarischen Science-Fiction. Asimovs Krimi »Falsch korrigiert« (SDR 1970) hat das lustige Thema, wie hilfreich künstliche Intelligenz beim Erstellen wissenschaftlicher Texte ist (in der Nacht zum Samstag, null Uhr, DLF).
Mit blutigeren Varianten des Genres geht es am Samstag weiter. Im alten Schwedenkrimi »Das Ekel aus Säffle« entwirrt Kommissar Beck ein dichtes Netz aus Polizeigewalt (Sa, 10h, WDR5). In der Neuproduktion »Winter in Maine« nimmt Julius, bewaffnet mit Shakespeare-Zitaten und einer Flinte, Rache an Jägern, die seinen Hund erschossen haben (Sa, 15h, WDR3). Schließlich erklärt »Zwanz’g z’quetschte Zwutschkerlzwetschen«, warum Ösis und Piefkes nicht zusammenpassen (Sa, 18h, DKultur). Der BR hat sich im Joyce-Jahr an eine Hörspielfassung des ersten Prosawerks »Dubliners« gemacht. Von den 15 Kurzgeschichten wollte die Zeitschrift Irish Homestead damals nur die ersten beiden veröffentlichen. Der BR sendet alle in zwölf Teilen. Los geht es am Sonntag, 15h, auf BR2 mit »Eine Begegnung/Die Schwestern«.
Im Hörspiel »Egzon« wird der 14jährige Titelheld mit seiner Romafamilie ins Kosovo abgeschoben. Vor zehn Jahren war er in seinem alten Dorf Zeuge eines Pogroms. Seitdem hat er epileptische Anfälle und spricht nicht mehr. Im Stück führt er einen inneren Monolog. Offizielle Statements verdeutlichen, wie menschenverachtend hier und im Kosovo mit den Roma umgegangen wird (Mo, 23h, WDR3 & Di, 23h, 1Live). Wer meint, Wasser könne nicht fett machen? In Berlin garantiert es Veolia und RWE noch 20 Jahre lang hohe Renditen. Die Zauberformel ist wieder PPP. Sie wird im DLF-Feature »Der unerhörte Klang des Geldes« erörtert. Auch am Beispiel der Hamburger Elbphilharmonie wird präzise vorgerechnet und nachgewiesen, daß immer die öffentliche Seite das Verlustgeschäft macht (Di., 19h15).
Rafik Will (24.02.12, junge Welt)
Schreibe einen Kommentar