Hörspiel des Monats März 2021

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von Christine Nagel

Regie: Christine Nagel
Komposition/Sprachaufnahmen: Peter Ehwald
Gesang: Lauren Newton
Dramaturgie: Michael Becker
Produktion: NDR/DLF 2021
Länge: 54:29
Erstsendung: 10.03.2021, NDR Kultur
Gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa

Die Begründung der Jury

„Willkommen in der Welt der Sprachsynthese“: Die Radio-Moderatorin Marie nutzt Computer-Tools, um ihre persönliche KI-Stimme zu entwickeln. Das soll Zeit sparen im schnellen Rhythmus der digitalen Arbeitswelt. Aus Marie wird SIREN – Eine exakte Kopie ihrer Stimme. Doch was, wenn sich diese Stimme selbständig macht und eigenständige Entscheidungen trifft?
Ein Hörspiel über das Thema Stimme – Was naheliegend klingt, wurde doch bisher selten verwirklicht. Christine Nagel hat den Versuch gewagt. Ihre semidokumentarische Spurensuche nach dem markantesten Element des Radios eröffnet zugleich einen spannenden Blick in die digitale Welt von heute und morgen.

Bilden Person und Stimme eine unverbrüchliche Einheit und was bleibt von der eigenen Identität übrig, wenn sich die dazugehörige Stimme nur mehr aus Algorithmen speist? Philosophische Fragen, die Christine Nagel von verschiedenen Seiten beleuchtet und mit charmanten Details versieht. Wenn etwa Marie ihr digitales Ich mit Merseburger Zaubersprüchen überfordert. Oder ihre Seelenstimme, gesprochen von Ilse Ritter, so gar nichts mit der raumlosen KI-Stimme SIRENS anfangen kann.

Die Auswirkungen synthetischer Sprachprogrammierung und unendlicher Datenspeicherung auf Arbeit und Alltag sind vielfältig. Wird alles besser? Wird alles schlechter? Oder einfach nur anders? Christine Nagel vermeidet es uns eindeutige Antworten zu geben. Vielmehr zeigt sie durch die geschickte Verschränkung so vieler Bedeutungsebenen – von Philosophie, Hörspielkunst, Radiopraxis über Computertechnologie und Digitalität – die ungelösten Herausforderungen gegenwärtiger Entwicklungen auf. Ein gelungenes Audio-Experiment über die Zukunft des Radios, dass zugleich eine tönende Hommage an die Geschichte des Hörspiels ist.

Eine lobende Erwähnung geht an „Blackbird“, die Hörspieladaption des gleichnamigen Romans von Matthias Brandt in der Bearbeitung und Regie Leonhard Koppelmanns, das den Klang und die Stimmung der 1970er Jahre auf leichtfüßige Weise eingefangen hat.

Das Hörspiel des Monats wird am 12.6.2021 um 20.05 Uhr im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.

Die Nominierungen

BR, Aline Bender / Alex Schaad: Das neue Vertrauen
DLF, keine Nominierung
DLF Kultur, Raoul Schrott: Die Orestie
HR, Matthias Brandt: Blackbird
MDR, Teresa Dopler: Unsere blauen Augen
NDR, Christine Nagel: SIREN_web_client.exe
RB, keine Nominierung
RBB, Dunja Arnaszus: Tabula Rasa
SR, keine Nominierung
SWR, Noam Brusilovsky: Testo Junkie
WDR, Margaret Mitchell, Amina Eisner: Vom Winde verweht – Die Prissy Edition
ORF, keine Nominierung
SRF, keine Nominierung

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