ARD PiNball 2014 für Mariola Brillowska
Bevor am Mittwoch, dem 5. November die 11. ARD Hörspieltage im ZKM in Karlsruhe beginnen, steht ein Preis schon fest. Den Wettbewerb für freie Produktionen ARD PiNball, gewinnt Mariela Brillowska mit ihrem Stück „Kaufhaus am Meer“, einer spielerischen Improvisation der Familie Brillowska/Kubin.
Die Begründung der Jury
Melodramatische Klavierklänge, dazu die sehnsuchtsvolle Geräuschkulisse von Möwen am Meer – für einen Augenblick könnte man meinen, es handle sich um den Beginn einer romantischen Liebesgeschichte. Doch das Kurzhörspiel „Kaufhaus am Meer“ führt diese anfängliche Szenerie binnen Sekunden ad Absurdum: zwei Stammkundinnen möchten ihren letzten Kauf umtauschen, obwohl sie offensichtlich nicht einmal wissen, was sie da in der Tüte haben. Mal sind es Sandalen, mal Stilettos, „Zimtlatschen“ oder Schlittschuhe, mal möchten sie von der Praktikantin namens Praktigotta „170 Yuro“ in Cash dafür, mal halten sie nach neuen Schuhen Ausschau, etwa den modischen Korkenzieher-Pantoletten, die ihnen der Geschäftsführer höchstpersönlich „andreht“, wobei dieses Andrehen wiederum wortwörtlich verstanden wird und dementsprechend heftige Schmerzensschreie der Kundin nach sich zieht.
Man merkt schnell: Diese wilden Sprünge folgen keinem vorgegebenem Script, vielmehr wirken sie wie das Ergebnis spontaner Kollektivimprovisationen, in denen offenbar alles behauptet werden darf und nichts belegt werden muss. Dennoch nehmen die Akteure das Spiel der Worte und Assoziationen ernst. Sie kreieren nicht nur originelle Bilder und Phantasiebegriffe, vielmehr führen sie die uns scheinbar so vertraute Sprache selbst als etwas Absurd-Komisches vor – und lassen die Zuhörer an diesem Prozess teilhaben: so scheint es fast, als könne man den Akteuren am Mikrofon dabei zusehen, wie sie sprachliche Haken schlagen und sich gegenseitig mit abstrusen Einfällen übertrumpfen. Unbeeindruckt von gängigen Konventionen des Hörspiels etabliert „Kaufhaus am Meer“ dabei eine eigene originäre Formensprache und erinnert, ganz unprätentiös, daran, wie essentiell das Spiel für die Gattung Hör-Spiel doch ist.
Mariola Brillowska
Mariola Brillowska, geboren 1961 in Sopot/Danzig, studierte von 1984 bis 1991 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Seit 1988 produziert sie in eigener Regie Animationsfilme, auch anarchistische Performances und Theatershows zählen zu ihrem Repertoire. Ihr Film Grabowski, Haus des Lebens erhielt bei den Kurzfilmtagen Oberhausen 1991 den Grand Prix. Von 2005 bis 2013 war sie Professorin für Zeichnen und Illustration an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main. Teilnahmen an zahlreichen internationalen Ausstellungen und Festivals sowie Retrospektiven ihrer Werke und Filmwerkschauen finden fortgehend statt, u.a. in New York, Warschau, Peking. 2013 publizierte sie ihren Debütroman „Hausverbot“.
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