Wo der Hund begraben liegt

Dunja Arnaszus: Den Hund begraben

RBB Radio 3, So 24.11.2024, 16:03 bis 17:00 Uhr,
Mo, 25.11.2024, 19:03 Uhr bis 20:00 Uhr

Wohin mit den 800 Gramm Asche, zu denen ihr 35 Kilo schwerer Hund geworden ist? Das fragt sich Alison, die Hauptfigur aus Dunja Arnaszus‘ Hörspiel „Den Hund begraben“, und scheitert mehrfach an einem würdevollen Abschied. Was sehr komisch ist.

Das Makabre und das Komische können so dicht beieinanderliegen wie die Grabstellen auf einem Friedhof. Im Hörspiel „Den Hund begraben“ von Dunja Arnaszus liegt allerdings links neben dem Komischen noch das Tragische. Und es ist auch nicht wirklich begraben, sondern spukt als Untotes und Unverarbeitetes durch das Leben von Alison (Katrin Wichmann), die kürzlich ihren Hund einschläfern lassen musste.

Jimmy war ein wasserscheuer Riesenköter von zuletzt immerhin 35 Kilo, bei dem sich Alison immer beschützt gefühlt hat. Nach dessen Tod gibt sie zwar die Coole, lässt es sich aber 80 Euro extra kosten, um bei der Einäscherung ihres Hundes dabei zu sein, während ihr die junge Krematoriumsangestellte unangenehmerweise „mit frisch erlernter Trübseligkeit“ zusieht.

Doch mit Jimmys Asche in einer Papiertüte – die Falturne lässt sie als „Verpackungsmüll“ gleich da – verschärfen sich die Probleme. Denn wohin mit den sterblichen Überresten? Bestimmt nicht an den Strand, wo Touristen ihre Drinks auf ihn verschütten könnten, und auch nicht dahin, wo andere Hunde ihr Revier auf ihm markieren dürften. Bleibt der nahe Friedhof, wo sie allmorgendlich sieht, wie der fitnessbegeisterte Gemeinderat Olsson (Rainer Reiners) – hepp, hepp, hepp – über die Friedhofshecke setzt. Bis der sich eines Tages ordentlich auf die Schnauze legt, weil der visionäre Gärtner Easton Lawrence (Benjamin Radjaipour) eine Vermessungsschnur gespannt hat, um durch ein neues Bepflanzungskonzept den Biodiversitätsindex seines Friedhofs zu steigern.

Gepflegte Feindschaft

Easton belehrt Olsson darüber, dass ein Friedhof ein Ort der Trauer und kein Sportplatz ist, und nennt ihn eine Memme, nur um das gleich darauf zurückzunehmen: „Männer dürfen auch heulen.“ Nicht die Entschuldigung, mit der Olsson gerechnet hatte. So ist der Keim für eine gepflegte Feindschaft gelegt, denn man sieht sich immer zweimal.

Olsson wird es später noch schlecht ergehen, denn beinahe wird er von Alison mit einer Schaufel erschlagen, als er sie nachts um drei auf dem Friedhof beim Ausgraben der Asche ihres Hundes erwischt. (Übrigens beim Versuch seinerseits illegal seine tote Katze zu begraben.) Der Gärtner überlegt kurz, Olsson in einem offenen Grab zwischenzulagern, bis sein ökologisches Friedhofsbegrünungskonzept durch den Gemeinderat abgesegnet ist – aber das erweist sich als unnötig. Die fremde Katze jedenfalls lässt Alison in demselben Krematorium einäschern, dem sie schon ihren Hund überantwortet hatte.

Vergessen auf dem Klohäuschen

Im Laufe der Geschichte unternimmt Alison noch mehrere Versuche, ihren Hund zu begraben, die aber alle aus verschiedensten Gründen scheitern. Hauptgrund ist allerdings ihre Depression, die auch daran schuld ist, dass sie zwei Monate auf ihrem Sofa wohnt, während ihre jüngere Schwester Marilla (Luise Heyer) sich um sie kümmert. Jedenfalls solange, bis sie deren Sohn Miro (Juno Walser) auf dem Klohäuschen des Friedhofs vergisst. Nebenbei wird enthüllt, dass die Kindheit der Geschwister nicht die beste war. Es ist von „in den Wandschrank sperren“ und „mit dem Gürtel verdreschen“ die Rede.

Dunja Arnaszus hat ihr Hörspiel selbst mit hyperrealistischen Geräuschen inszeniert – vom überdeutlichen „Fump“ des Gasbrenners im Krematorium bis zum quietschigen Scheuern des Küchentisches unter vollständigem Körpereinsatz, die Einiges an komischem Potenzial entfalten. Dazu gelingt es ihr, die traurige Vorgeschichte ihrer Hauptfigur so beiläufig zu erzählen, dass Tragik und Komik genau ausbalanciert sind.

So wird vermieden, dass am Ende die vorher aufwendig konstruierte Komik durch das Tragische entwertet wird. Auf den ARD-Hörspieltagen, auf denen „Den Hund begraben“ seine Premiere feierte, verriet Arnaszus, dass sie den Stoff gerne im Stil einer britischen Odd-Ball-Comedy ausgebaut hätte, als eine Art Schnitzlerschem „Reigen“. Doch so ist es eine Tragikomödie von überraschender Leichtigkeit geworden.

Von Jochen Meißner – KNA Mediendienst, 21.11.2024

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