Moonjock

Eine kleine Radioschau. 21. bis 27. September 2012

Der Exbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist mit seiner Arbeit für Gazprom wohl das bekannteste Beispiel für den Wechsel von der Politik in die Wirtschaft. Auch Roland Koch (CDU), bis 2010 Ministerpräsident in Hessen, hat ihn unternommen. Seit 2011 ist er Vorstandsvorsitzender des Baukonzerns Bilfinger-Berger. Natürlich bekommt man einen solch lukrativen Posten nicht für lau. Koch hatte sich während seiner gesamten Amtszeit u.a. für die Privatisierung des Strafvollzugs eingesetzt. Teilweise umgesetzt wurde sie etwa in der JVA Hünfeld (Osthessen).

Die bei Studio Ansage (organisiert im Berliner Senderverbund 88vier) on air gehende wöchentliche Sendung »Radio Aktiv« widmet sich zur Zeit dieser stetig voranschreitenden Entwicklung des gefängnisindustriellen Komplexes in der BRD. Ein Profiteur: Bilfinger-Berger. Vom Bund mit Millionen Euro subventioniert, eröffnete im sachsen-anhaltinischen Burg 2009 die erste komplett privat errichtete JVA. Die »Verwertungsrechte« an den 500 Häftlingen liegen für zwanzig Jahre bei Bilfinger-Berger. Der Konzern will damit selbstverständlich Gewinn erzielen.

Im ersten Teil des vom »Free Mumia«-Bündnis erarbeiteten Berichts zu Privatisierung im Gefängniswesen, waren deren Ursprünge in den USA Thema. Wem die Sendezeiten von »Radio Aktiv« (Di., 5 Uhr; 88,4 Mhz, Berlin/90,3 Mhz, Potsdam) etwas früh liegen, kann »Radio Aktiv« am einfachsten als Podcast abrufen (studioansage.de). Die hörenswerte Sendung bietet auch Veranstaltungskalender und Demo-Ticker.

Die Fähigkeit zur Utopie bezeichnete der Philosoph Ernst Cassirer als wesentliches Merkmal des Menschen als animal symbolicum. Inge Brauns und Helmut Hubers »Eine andere Welt ist möglich« blickt auf die Geschichte utopischer Gesellschaftsentwürfe (Sa., 22.9., 18 Uhr, DKultur). J.G. Ballards »Running Wild« von 1988 spielt hingegen in einer Beton gewordenen Dystopie, einer gated community. Eines Tages werden alle Erwachsenen dort ermordet aufgefunden. Aber wo sind die Kinder? Dr. Richard Greville von Scotland Yard ermittelt von Freitag auf Samstag (22.9.) um Mitternacht im DLF.

In der kleinen Schweiz und im großen Internet kann man am Samstagabend (22.9.) wieder eine Ursendung hören: Albert Camus’ »Das Mißverständnis« läuft um 21 Uhr auf DRS2.

Letztes Jahr produzierte der ORF das Romandebüt des Schauspielers Michael Dangl mit diesem als Hörspiel. »Rampenflucht« ist eine Abrechnung mit dem vorrangig auf Drill ausgerichteten Theaterbetrieb (So., 23.9., 14 Uhr, Ö1). »Die Geschichte des Arthur Gordon Pym« von E.A. Poe ist nicht nur spannend, sondern auch Vorzeigebeispiel eines Tagebuchromans. Michael Farin und zeitblom haben die verhängnisvolle Reise des jungen Titelhelden an Bord der Grampus 2008 als »POEsPYM« (So., 23.9., 18.30 Uhr, DKultur) vertont.

NDR-info bringt eine wilde Geschichte über Alkoholismus und Entzug, A.L. Kennedys »Paradies« (So., 23.9., 21 Uhr). Eine aktuelle Anspielung auf die Unfähigkeit der NDR-Fernsehkollegen von der »DAS!«-Redaktion einen betrunkenen Live-Interview-Partner zu erkennen? Im 2011er Hörspiel des Autoren und Punkmusikers Jens Rachut sitzt dann »Gott in der Falle« (Mi., 26.9.,  20 Uhr, NDR Kultur).

Rafik Will, 21.09.2012 junge Welt

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