Hörspiel des Monats November 2016

Manifest 50 / Du darfst mich töten, wenn du mich liebst

von FALKNER
Regie: FALKNER
Komposition: Manfred Engelmayr
Redaktion: Peter Liermann
Produktion: HR
Länge: 42:14
Ursendung: HR 2 Kultur, 16.11.2016, 21.00 Uhr

Die Begründung der Jury

Der Jury fiel die Entscheidung zwischen Virginia Woolf’s dreiteiliger Hörspieladaption „Der Leuchtturm“ und „Manifest 50“ äußerst schwer. Erst nach längerer Diskussion konnte die Neuartigkeit des Textes in Manifest 50 sich gegenüber Woolf’s brillanter und der ebenso faszinierender Umsetzung des Bayerischen Rundfunks überzeugen. Das Hörspiel „Manifest 50 / Du darfst mich töten, wenn du mich liebst“ von FALKNER zeigt eine Liebesgeschichte der dystopischen Art – eine Liebe mit einem Menschen, der nicht lachen kann, also kein Mensch ist. Im Verlauf wird das vermeintliche Opfer mehr und mehr zum Täter.

Beschrieben werden Situationen zwischen Einsamkeit, Depression, Sexualität und einvernehmlicher Gewalt, Mord und Nekrophilie, die Bilder der Unmöglichkeiten entwerfen und damit doch auf Sehnsüchte, Ängste und tief verdrängte Seelenbilder im Unbewussten der Hörer stößt. Ein zeitgemäßer Surrealismus der anlässlich der kriegerischen aber auch kriminellen Realität unserer Welt realistischer ist, als es anfangs den Anschein hat. Auch die eingesetzten musikalischen Mittel verstärken die Wirkung der intensiven Bilder und Handlungen.

Eine eindrückliche, wenn auch einfach gestaltete Klang- und Geräuschebene kleidet die Bedeutung der Worte fein und zugleich lustvoll aus. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein ungewöhnlich anziehender Song, fast eine Wehklage, in der der Protagonist mal allein, mal zusammen mit dem nach langer Suche gefundenen Mitmenschen, dann wieder allein, fast naiv eine Sehnsucht nach Glück und Menschlichkeit artikuliert.

Obwohl Geschlechtlichkeit eine Rolle spielt, wirken die männlichen Stimmen der Schauspieler bis auf wenige Passagen neutral. Schließlich entzieht sich auch der/die AutorIn FALKNER durch den vorenthaltenen Vornamen der geschlechtlichen Zuordnung, bezeichnet ihre/seine Werke sämtlich als Manifeste.

Das Hörspiel wird am 4. Februar 2017 im Deutschlandfun (DLF) wiederholt. Kritik hier.

Die Nominierungen

BR, Virginia Woolf: Zum Leuchtturm (3-teiliges Hörspiel)
D-Kultur, Johan Theorin: Inselgrab
HR, FALKNER: Manifest 50 / Du darfst mich töten, wenn du mich liebst
MDR, Marina Frenk: Jenseits der Kastanien
NDR, Heinz Strunk: Der goldene Handschuh
RB, Ralf Kaupenjohann: Zitrone Schlüssel Ball – Ein Stück über das Verschwinden
RBB, David Zane Mairowitz: Galaveranstaltung – mal zornig mal heiter
SR, Madeleine Giese: Aladins Wunderlampe (ARD Radiotatort)
SWR, Sibylle Lewitscharoff: Die Brunnenhalle
WDR, Milo Rau: Mitleid – Die Geschichte des Maschinengewehrs

 

 

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