Hörspiel des Monats Juli 2014

Bunyah

Von Catherine Milliken und Dietmar Wiesner
Nach Texten von Les Murray
Aus dem Englischen von Margitt Lehbert
Komposition und Realisation: Catherine Milliken / Dietmar Wiesner
Redaktion: Manfred Hess
Produktion: SWR 2014
Ursendung: 10.07.2014, SWR 2
Länge: 47’51“

Die Begründung der Jury

Les Murray, 1938 in einer Farm in Bunyah / Australien geboren, wo er seit 1986 wieder lebt, ist ein Dichter von Weltrang. Das Leben im Outback prägt und formt diese Dichtung, die Erfahrungen von Ursprünglichkeit und Verwüstungen durch den Menschen, und sie brandet in überbordenden Bildkaskaden an, in tief gestaffelten Klang- und Echoräumen. Die Stimme des Psalmisten und die barbarische Kultur des Viehpeitschenknalls, der Kampf mit dem Engel und das Ringen mit der Depression, ein aus Budapest überlieferter Irrenwitz und kosmischer Sonnenwind, Staunen und Wimmern als existentielle Masken des menschlichen Lebens – das alles beschwört diese Dichtung herauf.

Catherine Milliken und Dietmar Wiesner haben ausgewählte Passagen dieser Dichtung zum Fundament ihres Hörstücks gemacht, und beide kommen sie von der Musik her und sind, als Instrumentalisten und Komponisten, dem Ensemble Modern assoziiert. Damit ist das Besondere dieser Annäherung und des Spiels mit den Texten von Les Murray angedeutet: Es sind weniger Kategorien wie Sinn und Bedeutung, die das Hörstück konstituieren, als vielmehr Klangwelten und akustische Texturen – Poesie verkörpert sich im Wortlaut, und diesem Wortlaut verschafft das Hörstück Geltung, durch musikalische Paraphrasierung und Komposition, auch durch Mittel des Field Recordings in Australien, woher Catherine Milliken ursprünglich stammt.

Die Macher haben Goethes Rat beherzigt, dass in des Dichters Land gehen möge, wer den Dichter verstehen will. Und mit ihrem Hörstück ist ihnen eine kongeniale Verwandlung der Lyrik und Prosa Les Murrays in ein Kunstwerk eigenen Rechts gelungen. Dass es sich ganz auf die existentielle Wucht der Dichtung von Les Murray verlässt, ist Zumutung und Glücksfall zugleich. Zu diesem Gelingen tragen übrigens die Stimmen der Beteiligten maßgeblich bei; hier sei exemplarisch die großartige Dagmar Manzel erwähnt.Ein oft kolportiertes Klischee behauptet, Dichtung gehe bis an die Grenze des Sagbaren. Nein: Wahre Dichtung beginnt erst an dieser Grenze. Hört hin!

 

Die Nominierungen

BR, Oskar Panizza: Das Liebeskonzil
D-Kultur, Robert Weber: Heinrich. Vornahme Hauptfeldwebel
HR, Bettina Erasmy: Chapters
MDR, keine Nominierung
NDR, Joachim Ringelnatz: Als Mariner im Krieg. Nach dem gleichnamigen Kriegstagebuch
RBB, Ulrike Müller: Das Projekt bin ich
RB, Gordian Maugg: Am Sonntag zwischen Krieg und Frieden. Eine akustische Spurensuche nach den ersten beiden Toten des Weltkrieges 1914/18
SR, keine Nominierung
SWR, Catherine Milliken und Dietmar Wiesner: Bunyah. Nach Texten von Les Murray
WDR, Philip Stegers: Die Nordlandfahrer

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