Karl-Sczuka-Preis 2016 für Kindlinger, Kubisch, Kutin

Christine Kubisch, Bild: SWR/Peter A. Schmidt

Christine Kubisch, 2013. Bild SWR/Peter A. Schmidt

Der Karl-Sczuka-Preis für Hörspiel als Radiokunst 2016 geht an die Klangkünstlerin Christina Kubisch, den österreichischen Komponisten und Produzenten Peter Kutin und den österreichischen Musiker und Tontechniker Florian Kindlinger für ihr Hörwerk „Desert Bloom“, eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks (WDR) und dort noch nachzuhören.

Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 12.500,- Euro verbunden. Die Auftragskomposition für den WDR wurde am 13.11.2015 im „Studio Akustische Kunst“ (Redaktion: Markus Heuger) urgesendet. Mit dem diesjährigen Karl-Sczuka-Förderpreis in Höhe von 5.000,- Euro wird der niederländische Trompeter und Komponist Marco Blaauw für sein Hörspiel „Engel der Erinnerung“ ausgezeichnet (hier nachzuhören). Die Koproduktion des SWR mit dem Institut für Musik und Akustik des ZKM Karlsruhe wurde am 7.7.2016 in SWR2 erstmals ausgestrahlt.

Die Begründung der Jury:

Mit „Desert Bloom“ unternehmen Peter Kutin und Florian Kindlinger gemeinsam mit der Klangkünstlerin Christina Kubisch eine Expedition auf die akustische Rückseite der Wüstenstadt Las Vegas. Jenseits seiner glitzernden Oberfläche besteht das Zentrum des Entertainments aus einem extrem dichten Netz elektromagnetischer Wellen, die, als unablässiges Flimmern und Pochen hörbar gemacht, das Ausgangsmaterial eines faszinierenden Audioporträts einer Megacity zwischen Erzählung und Soundscape, Dokumentation und experimenteller Erkundung neuer Hörwelten bildet.

Der international renommierte Karl-Sczuka-Preis wird jährlich an die „beste Produktion eines Hörwerks, das in akustischen Spielformen musikalische Materialien und Strukturen benutzt“, verliehen. In diesem Jahr wurden 70 Wettbewerbsbeiträge von 100 Bewerberinnen und Bewerbern aus 19 Ländern eingereicht. Über die Zuerkennung der Preise hat am Donnerstag, 21. Juli, in Baden-Baden eine unabhängige Jury unter Vorsitz der ehemaligen Kulturstaatsministerin Christina Weiss entschieden, der weiterhin Margarete Zander, Helmut Oehring, Marcel Beyer und Michael Grote angehörten. Sekretär des Karl-Sczuka-Preises ist SWR-Hörspielchef Ekkehard Skrouppa. Die Preisverleihung findet am 15. Oktober als öffentliche Veranstaltung im Rahmen der Donaueschinger Musiktage 2016 statt.


Desert Bloom“ übersetzt die elektromagnetischen Felder von Las Vegas in Klang und hinterfragt daneben das Konzept der schillernden Wüstenstadt. Florian Kindlinger und Peter Kutin arbeiteten mit Christina Kubisch zusammen, die sich darauf spezialisiert hat, elektromagnetische Felder und Wellen hörbar zu machen. Las Vegas ist voll davon: Spielautomaten, Neonschilder, Security Gates, drahtlose Netzwerke, Funksignale, Laserstrahlen, Überwachungskameras … Es ergeben sich abstrakte und oftmals aggressiv anmutende Klänge von sehr direktem, raumlosen Charakter – dabei speist sich diese spezielle Tonebene jedoch stets aus einer real existenten Wirklichkeit, es handelt sich nicht um künstlich geformtes Sounddesign: Das Audio-Konzept folgt wie in allen Arbeiten von Kutin/ Kindlinger einem strengen dokumentarischen Dogma.
Florian Kindlinger (geboren 1984), lebt und arbeitet als Musiker und Tontechniker in Wien und Salzburg. Führt Klangregie u. a bei den Salzburger Festspielen und macht Sounddesign für Film und Fernsehen.
Christina Kubisch (geboren 1948, Bremen), Grande Dame der installativen Klangkunst-Szene. Sie war von 1994 bis 2013 Professorin für Audiovisuelle Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saarbrücken.
Peter Kutin wurde 1983 in Leoben, Steiermark geboren. Studium Elektroakustischer Musik an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien. Klangkünstler, Komponist, Musiker und Kurator.


Engel der Erinnerung“, das Hörspieldebüt von Marco Blaauw ist seinem Vater gewidmet. Die Grundlage ist ein Interview, das Marco Blaauw mit ihm geführt hat. In die vielschichtige Komposition aus Improvisationen, Sound-Processing und Soundscapes werden diese O-Töne chronologisch verwoben. Sie reichen von seinen frühesten Erinnerungen um 1933 bis heute. Die Sprache in diesem Hörspiel ist ein niederländischer Dialekt, der seine Wurzeln im Plattdeutschen hat. Eine Frauenstimme wird als weiteres kompositorisches Element eingesetzt.

Marco Blaauw mit Trompete.

Marco Blaauw mit Trompete.

Marco Blaauw, geboren 1965 in Lichtenvoorde/Niederlande, studierte er Trompete am Sweelinck Conservatorium in Amsterdam und setzte seine Studien später u.a. bei Pierre Thibaud und Markus Stockhausen fort. Die Weiterentwicklung der Trompete, ihrer Technik und ihres Repertoires ist Ziel und Anliegen von Marco Blaauw. Er ist seit 1994 festes Mitglied des in Köln ansässigen Ensembles Musikfabrik. Intensive Zusammenarbeit mit Karlheinz Stockhausen von 1998 bis zu dessen Tod.

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