Hörspiel des Monats März 2017

Die verlorenen Söhne

Robert Schoen. Bild: Peter Wollring/HR.

Robert Schoen. Bild: Peter Wollring/HR.

Von: Robert Schoen
Regie & Konzeption: Robert Schoen
Dramaturgie und Redaktion: Peter Liermann
Produktion: HR
Erstsendung: HR 2 Kultur 05.03.2017
Länge: 51:55

 

Die Begründung der Jury

Robert Schoen, Autor und Regisseur zugleich, riskiert hier viel und gewinnt dabei ungewöhnlichen Spiel- und Erkenntnisraum. So verbindet er in „Die verlorenen Söhne“ authentisches Tonmaterial der Berliner Phonographischen Kommission von 1915 und einen fiktiven modernen Musterfall. Die Wissenschaftler, die damals im Kriegsgefangenenlager Wünsdorf französische und für sie exotische Dialekte der Insassen aufzeichneten, gern mit Lesungen des Gleichnisses vom Verlorenen Sohn, verdrängten zugunsten ihrer Klangausbeute das Unglück der Testpersonen. Phonetisch fixiert ist auch der heutige Berliner Linguist, der die Tonaufnahmen der Hauptfigur des Hörspiels untersucht und darin „Hesitations-Vokalisationen“, also Ähs, entdeckt. Grotesk und tragikomisch diagnostiziert er die strapazierte „Knarrstimme“, ohne sich für das Scheitern des Sprechers zu interessieren, der da wie der verlorene Sohn die Rückkehr zum Vater erwägt. Mit Schoens suggestiver Montage und dem auf lässige Weise eindringlichen Lorenz Eberle in der Hauptrolle glückt hier ein Kunststück: Konträr zu wissenschaftlicher Versuchsdominanz wächst die emotionale Anteilnahme des Hörers. In intensiven Momenten verschränken sich Eberles Sprechen und Klänge von Prokofjews „L’enfant prodigue“. Manchmal erkennt der junge Mann in der Musik sein Scheitern, seine Hoffnung und sich selbst

 

Das Hörspiel wird am 3. Juni im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt. Kritik hier.

Die Nominierten

BR, Dominic Robertson: Die bayerische Prinzessin – Eine Cantastoria
DLR, Beate Becker: Das Dorf ist überall
HR, Robert Schoen: Die verlorenen Söhne
MDR, keine Nominierung
NDR, Laila Stieler: Vergesst mich nicht
RB, keine Nominierung
RBB, Marie Chartron, Kristel Le Pollotec und Anouschka Trocker: Ma ville après – Paris danach
SR, Erhard Schmied: Alles fließt (ARD Radio Tatort)
SWR, Simon Werle: Kahnawake
WDR, Jack Finney: Körperfresser

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