Hörspiel des Monats Dezember 2019

Woyzeck
nach Georg Büchner

Regie: Stefan Weber
Komposition: Stefan Weber sowie Emile Waldteufel, Franz von Suppé bearbeitet von Stefan Weber
Produktion: Autorenproduktion für den ORF
Länge: 56:12
Ursendung: Ö1 , 21.12.2019, 14.00 Uhr

Die Begründung der Jury

Das Hörspiel „Woyzeck“ (Autorenproduktion im Auftrag des ORF, 2019) nach dem gleichnamigen Theaterstück von Georg Büchner beeindruckt im besonderen Maße als hoch konzentriertes und zur Konzentration zwingendes Kunstwerk. Dieses außerordentlich intensive Gestaltungsprinzip, ermöglicht durch die herausragende Leistung der Schauspieler (u. a. Markus Meyer als „Woyzeck“, Matthias F. Stein als „Hauptmann“ und Katrin Thurm als „Marie“), fesselt vom Anfang bis zum Ende der Produktion. Wenngleich es für das „Woyzeck“-Fragment bereits zahlreiche (Hör-)Inszenierungen gibt, überzeugt die von Stefan Weber verantwortete Dramatisierung durch einen originellen Umgang mit dem Stoff: Vom konsequenten Missbrauch einer deformierten Kreatur bis zum affektgesteuerten Mord am Ende einer Gewaltspirale ermöglicht das Hörspiel einen bewegend-empathischen Mitvollzug von Woyzecks Demontage bis hin zu seiner emotionalen Zerrüttung.

Die nicht nachlassende Wirkung des Werks basiert auf einer Inszenierung, die auf allen Ebenen minimalistisch mit Feinschattierungen und Laut-Leise-Brüchen operiert. Webers Produktion ist reduziert, aber in ihrer Gestaltung höchst effektiv und gerade dadurch umso eindringlicher und wirkmächtiger. Die emotionalen Ausnahmezustände eines empfindsamen Menschen, dem das Menschsein unmöglich gemacht wird, erscheinen so für die Hörenden schmerzvoll nachfühlbar.

Eine lobende Erwähnung spricht die Jury für das Hörspiel „Zornfried“ (WDR 2019) von Jörg-Uwe Albig aus. Die scharfe Satire auf das Faszinations- und Verstörungspotenzial der Neuen Rechten arbeitet mit vehementen inszenatorischen Mitteln, v. a. mit beeindruckenden Rezitationen technisch hervorragend nachkomponierter Lyrik im Stefan George-Stil als Mittel der sezierenden Ideologiekritik und handlungslenkenden Strukturierung. Entlarvend, burlesk, mahnend!

Die Sendung wird am 07.03.2020 um 20.05 Uhr im Deutschlandfunk (DLF) wiederholt.

Die Nominierungen

BR, Alexander Kluge: Das neue Alphabet
DLF Kultur, Sarah Kilter: Mädchenliegestütze
HR, Björn SC Deigner: Unterland
MDR, Joan Didion: Das Jahr magischen Denkens
NDR, Volker Präkelt: Der fünfte Engel
RB, Erich Maria Remarque: Die Nacht von Lissabon
RBB, keine Nominierung
SR, Sarah Berthiaume: Nyotaimori
SWR, Henning Nass: Der Zauberer von Ost
WDR, Jörg-Uwe Albig: Zornfried
ORF, Georg Büchner: Woyzeck
SRF, Markus Werner: Die kalte Schulter

 

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